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Jochen Hippler                                                                        als pdf-Datei

Strategische Grundprobleme
externer politischer und militärischer Intervention -

Unter besonderer Berücksichtigung der Krisensituationen
des Nahen und Mittleren Ostens

 

Executive Summary

Außenpolitik hat sich in den letzten Jahren verstärkt die Einwirkung auf oder die Reform und Umgestaltung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in dritten Ländern (z.B. durch Demokratisierung) zum Ziel gesetzt. Die bisherigen Erfahrungen sind dabei wenig ermutigend. Verfügt sie überhaupt über die Konzepte, Möglichkeiten und Instrumente, dies zu erreichen? In einem ersten Schritt werden die Interessen, die Probleme der Strategiebildung und die Instrumentarien der Außenpolitik untersucht, danach die Ausgangsbedingungen für eine gestaltende Politik von außen in den Zielländern behandelt und die Frage gestellt, ob und ggf. welche Voraussetzungen dort gegeben sein müssen, um von außen erfolgreich intervenieren zu können. In einem dritten Schritt werden die Probleme und Grenzen gestaltender Politik in Drittländern analysiert, um zum Schluss einige thesenhafte Politikempfehlungen zu formulieren.

 

Western Foreign Policy is increasingly attempting to influence and reform the internal political situation and societies in target countries (e.g. democratization, economic reform), instead of restricting itself to inter-governmental exchange. The record of success in this regard is hardly encouraging. Does Western foreign policy have the necessary strategies and instruments to achieve these goals? This paper will analyze the mix of foreign policy interests involved, the development of strategy, and its instruments. It then focuses on the necessary preconditions for success in the target countries, both in society and the political system. In a next step the paper analyses the problems and limits of a policy of external reform by Western governments. Finally, it offers a series of short policy recommendations.

 

 

Einleitung

Die Erfahrungen in Somalia, auf dem Balkan, in Afghanistan und dem Irak demonstrierten, daß externe Interventen trotz überwältigender wirtschaftlicher und militärischer Stärke häufig nicht in der Lage sind, Länder in schweren innenpolitischen Krisen oder Kriegssituationen nach den eigenen Vorstellungen umzugestalten. Dies könnte sich nun in Libyen wiederholen. In der Regel lassen sich die negativen bzw. destruktiven Ziele relativ schnell erreichen, etwa die Zerstörung gegnerischer Militärformationen oder der Sturz einer unliebsamen Regierung - der notwendige Prozeß eines politischen und gesellschaftlichen Neuaufbaus erwies sich aber immer wieder als ausgesprochen schwierig oder als von außen nicht zu bewerkstelligen. Damit stellt sich die Frage, wie, unter welchen Umständen und in welchen Grenzen die positiven Politikziele - etwa die Demokratisierung fremder Gesellschaften, die Durchsetzung von good (oder "good enough") governance bzw. Staatsaufbau oder Nation-Building - durch externe Interventen erreicht werden können. Dies ist nicht allein bei militärischen Interventionen oft unklar, sondern ebenso bei der Verfolgung solcher Politikziele durch nicht-militärische Mittel, etwa durch Sanktionen, die Förderung von Zivilgesellschaften, oder die Bereitstellung von Infrastruktur. In Afghanistan zeigte sich, daß weder der Einsatz von Militär, noch ein umfangreiches entwicklungspolitisches Engagement unbedingt zu Frieden oder zu Demokratie führen.

Die gegenwärtigen Unruhen, Umstürze und die Repression in zahlreichen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens geben der Frage eine hohe Dringlichkeit, wie westliche Regierungen reagieren können und sollten - und wo die Grenzen ihrer Politikfähigkeit und Einflußmöglichkeiten liegen. Volkmar Wenzel (Auswärtiges Amt) sprach bereits vor einem Jahrzehnt von „beschränkten Handlungsmöglichkeiten, die Deutschland außen- und sicherheitspolitisch in der Region zur Verfügung stehen“. Deshalb sei eine sorgfältige Zielsetzung und ein kontrollierter Mitteleinsatz nötig. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Dieses Papier soll sich vor dem Hintergrund der Erfahrungen und Herausforderungen in Ländern wie Afghanistan, dem Irak, Libyen, Tunesien, Ägypten, Syrien und anderen dem Problem der Wirkungsweise und Wirkungsmöglichkeiten westlicher Außenpolitik widmen, soweit diese über den üblichen diplomatischen Verkehr hinausgeht und auch auf die Veränderung der gesellschaftlichen oder politischen Zustände des betroffenen Landes gerichtet ist. Die westliche Politik hat seit den Umbrüchen in Tunesien und Ägypten die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstärkt zu Zielen erklärt - aber verfügt sie auch über die Konzepte, Möglichkeiten und Instrumente, diese zu erreichen? Diese Frage wird im Zentrum dieses Papiers stehen. Dazu werden in einem ersten Schritt die Interessen, die Probleme der Strategiebildung und die Instrumentarien der Außenpolitik untersucht. Danach werden die Ausgangsbedingungen für eine gestaltende Politik von außen in den Zielländern behandelt und die Frage gestellt, ob und ggf. welche Voraussetzungen dort gegeben sein müssen, um von außen erfolgreich intervenieren zu können. In einem dritten Schritt werden die Probleme und Grenzen gestaltender Politik in Drittländern analysiert, um zum Schluß einige thesenhafte Politikempfehlungen zu formulieren.

 

Die Ausgangslage und aktuelle Situation im Nahen und Mittleren Osten.

Bis vor kurzer Zeit war die Situation im Nahen und Mittleren Osten jenseits der extremen Heterogenität der Region von Ähnlichkeiten der politischen Systeme gekennzeichnet, die sich hinter unterschiedlichen Regierungsformen und Ideologien (Monarchien, Republiken, säkulare, religiöse, nationalistische, bzw. Mischformen) verbargen. Insgesamt herrschten bürokratisch-autoritäre Diktaturen vor, die ihre eigenen Gesellschaften oft lähmten, die Rechte ihrer Bürgerinnen und Bürger in grober Weise mißachteten, sich häufig durch Inkompetenz und Korruption auszeichneten und auch die wirtschaftliche Entwicklung behinderten. In vielen Fällen galten die Diktaturen der eigenen Bevölkerung zugleich als Vertreter äußerer - westlicher, früher auch sowjetischer - Interessen. Deshalb richtete sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung häufig auch gegen westliche Regierungen, die als zumindest mitverantwortlich für die dauerhafte Herrschaft repressiver Diktatoren betrachtet wurden. Dies, und die häufig als einseitig pro-israelisch empfundene Politik Europas und der USA im Nahostkonflikt, untergruben die Glaubwürdigkeit westlicher Politik in der Region. Der Grad an Glaubwürdigkeit spielt aber neben dem wirtschaftlichen, politischen und militärischen Gewicht eine wichtige Rolle, wenn es um den Einfluß auf die Entwicklungen in der Region geht.

Seit dem Beginn des Aufbegehrens der Bevölkerung im Nahen und Mittleren Ostens im Dezember 2010 hat die Unruhe die gesamte Region erfaßt. In Tunesien und Ägypten stürzten nach einigen Wochen die jahrzehntealten, pro-westlichen Diktaturen, an ihre Stelle traten Militärregime, die angesichts des Drucks der Bevölkerung Teilen der alten Eliten einen Teil ihrer Macht erhalten wollen - aber weiter unter öffentlichem Druck in Richtung auf eine grundlegende Demokratisierung stehen. Es ist noch nicht absehbar, in welchem Maße beide Länder in Zukunft demokratisch sein werden.

In anderen Ländern haben sich die Diktaturen entschieden, ihre Macht nicht kampflos aufzugeben und bemühen sich, die Oppositionsbewegungen durch Gewaltanwendung niederzuwerfen. Dazu gehören Syrien, der Yemen, Bahrain, das dazu militärische Hilfe aus Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Anspruch nahm, und Libyen, wo die staatliche Gewalt schnell in einen offenen Bürgerkrieg mündete, an dem vor allem NATO-Länder nun durch Luftangriffe auf der Seite der Aufständischen eingreifen. Auch wenn diese Länder sich in vielem grundlegend unterscheiden (wichtige Rolle der Stämme in Libyen und Yemen, konfessionelle Aspekte und ein monarchisches System in Bahrain, säkulare Diktatur mit einer konfessionellen Dimension in Syrien, sehr unterschiedliche wirtschaftliche Bedingungen) so haben sich ihre Herrscher doch in allen Fällen für den Weg der Repression entschieden.

Saudi Arabien und Kuwait, indirekt auch die Emirate bemühen sich aufgrund ihres Ölreichtum noch darum, Unruhen und Umstürzen durch sozialpolitisches und wirtschaftliches Entgegenkommen zu vermeiden, wobei die massive Unterdrückung erster Demonstrationen (Saudi Arabien) demonstriert, daß man gegebenenfalls zur gewaltsamen Repression überzugehen bereit ist.

Manche Regime, wie die Monarchien in Marokko, Jordanien und dem Oman, verfügen noch über einen gewissen, wenn auch eingeschränkten Grad an Legitimität und teilweise über besser funktionierende Staatsapparate, was sich etwa durch ein geringeres Maß an Korruption zeigt. Dort wird ein niedriger Grad an Repression mit punktuellen Angeboten zur Reform kombiniert - wobei noch unsicher ist, ob letztere über taktische Manöver hinausgehen werden.

In einigen Ländern existieren keine klassischen, diktatorische Staatsapparate, sondern eher pluralistische oder vordemokratische Mischsysteme, die von politischer, konfessioneller oder ethno-konfessioneller Fragmentierung gekennzeichnet sind, wie im Libanon, den besetzten palästinensischen Gebieten und dem Irak, wo die Unzufriedenheit und politische Widersprüche zwar ebenfalls zu Demonstrationen führten, aber eine entwickelte Diktatur als einigendes Ziel des Widerstandes fehlt.

Schließlich sollte nicht übersehen werden, daß auch nicht-arabische Länder der Region bis in die jüngste Vergangenheit Situationen breiten Widerstandes gegen diktatorische Systeme durchlebten, so Pakistan, wo 2007 und 2008 der Militärherrscher Musharraf zum Rückzug von der Macht gezwungen wurde, oder der Iran, wo 2009 Millionen von Bürgern gegen die Wahlfälschung und für demokratische Verhältnisse demonstrierten. In Pakistan kam es zu einer deformierten und schwachen Demokratie, im Iran setzte sich das Regime vorläufig gewaltsam durch.

In einer Reihe von Ländern der Region bildete sich ein breiter Volkswiderstand heraus, der fast die gesamte Gesellschaft erfaßte, etwa in Tunesien, Ägypten, wo die alten Machteliten aufgrund des Drucks gespaltet werden konnten, sowie in Pakistan, wo diese ohnehin eher pluralistisch strukturiert ist. Im Iran konnte das Regime bisher trotz der umfassenden Mobilisierung der Bevölkerung 2009 das Mindestmaß an politischer Geschlossenheit bewahren, um seine Macht vorläufig zu retten. Diese Breite der Bewegungen wird allerdings kaum aufrecht zu erhalten sein, in allen Ländern ist eine Ausdifferenzierung und z.T. Spaltung der Opposition bereits im Gange.

Anderswo wird der Widerstand gegen die Diktaturen und Regime noch von bestimmten, enger begrenzten Sektoren der Bevölkerung getragen, etwa von Männern, Teilen der Mittelschichten, Jugendlichen. Dies dürfte an vier Faktoren liegen: Einmal an der Einschätzung des hohen persönlichen Risikos in bestimmten, besonders brutalen Diktaturen (etwa in Syrien), zweitens an der traumatisierenden Erfahrung früherer Gewalt (erneut Syrien, aber auch Algerien), drittens an der Tatsache, daß die Regime in einigen Ländern durchaus noch eine soziale Basis in Teilen der Bevölkerung verfügen (Marokko, Jordanien, Oman, Golfstaaten) und viertens daran, daß in einigen Ländern die Regime noch als das kleinere Übel betrachtet werden, da viele Menschen sich vor gesellschaftlicher Fragmentierung, Bürgerkrieg und Situationen des Chaos noch mehr fürchten als vor der Diktatur. Gerade in Syrien hatten die ethno-konfessionellen Konflikte und die Gewalt im Nachbarland Irak – und z.T. im Libanon - solche Erwägungen verstärkt.

Wo die Regime noch über einen Rest an sozialer Basis oder zumindest an Loyalität in Teilen der Bevölkerung verfügen, dürfte es sich in manchen Fällen um eine Übergangsphase handeln, die ebenfalls in einen breiten Volkswiderstand mündet, wenn die Gesellschaften insgesamt das Aufbegehren als eine realistische Option begriffen haben. In anderen Ländern dürfte die Unruhe weiterhin nur Teile der Bevölkerung umfassen.

Zwei Aspekte sind bemerkenswert. Einmal die erwähnte Tendenz, daß in manchen Ländern der Widerstand gegen die Regime in der Lage ist, eine so umfassende Breite zu erreichen, trotz seines oft geringen Organisationsniveaus. Dies ist ein Indiz für die Tatsache, in welchem Maße sich die Regime zu Fremdkörpern in der eigenen Gesellschaft entwickelt hatten und die Entwicklung behindern oder blockieren. Wenn die arme Bevölkerungsmehrheit, die Mittelschichten und sogar Teile der Eliten, wenn Rechte, Linke, Säkulare und Religiöse gemeinsam gegen ihre Diktaturen aufbegehren, stellt das die Regime vor die Wahl, entweder die Macht ganz oder teilweise aufzugeben, oder Krieg gegen die eigene Bevölkerung führen zu müssen.

Zweitens fällt auf, daß die Rolle religiöser, auch islamistischer oder gar extremistischer Organisationen an den Massenbewegungen gering und eher zögerlich war. Diese waren weder die Auslöser noch die wesentlichen Organisatoren der Massenbewegungen, auch wenn sie in der Regel nach einiger Zeit auf den Zug aufsprangen. Auf jeden Fall handelt es sich beim Aufbegehren gegen die Diktaturen nicht um religiöse Bewegungen, sondern um heterogene, die aus der Mitte der jeweiligen Gesellschaften entstanden und eher von säkularen Elementen angestoßen und geprägt waren. Religiöse und islamistische Bewegungen beteiligten sich schließlich am Aufbegehren, ohne dieses aber zu dominieren. Die islamistischen ägyptischen Muslimbrüder und die libanesische Hisbollah gingen sogar so weit, Äußerungen des iranischen Regimes zurückzuweisen, nach denen es sich um "islamische Revolutionen" handele. Während Ayatollah Khamenei davon gesprochen hatte, "the awakening of the Islamic Egyptian people is an Islamic liberation movement” und so weit ging, die Entwicklungen als „islamische Erleuchtung als Folge der großen islamischen Revolution der iranischen Nation“ zu bezeichnen, formulierte der Generalsekretär der libanesischen Hisbollah trocken und in offenem Widerspruch:

"We are witnessing a real, patriotic and popular Egyptian revolution in which Muslims and Christians, Nationalists and Seculars are participating as well as Islamic, scholar, national, and intellectual various movements. In this revolution, all Egyptians are taking part, including children, women, men, intellectuals, scholars, workers.”

Die Hisbollah wie die Muslimbrüder betonten zu Recht, daß es sich um Volksrevolutionen und anti-diktatorische, nicht um religiöse Bewegungen handele. Religiöse Extremisten und insbesondere gewalttätige Gruppen aus diesem Spektrum gerieten verstärkt in die Defensive: Ihr Einfluß ist dann am größten, wenn sie als einzige Alternative zu verhaßten und gewalttätigen Diktaturen erscheinen. Wenn aber große Teile einer Gesellschaft unter demokratischen und rechtsstaatlichen Forderungen selbst gegen die Regime vorgehen, sind gewalttätige und jihadistische Extremisten politisch kaum relevant. Dies könnte sich allerdings ändern, wenn die Diktaturen verstärkt auf Gewalt setzen, um die demokratischen Bewegungen zu zerschlagen - dann könnten bewaffnete, militärisch erfahrene, gut organisierte, international vernetzte und extremistische Gruppen wieder an Bedeutung gewinnen und sich eine größere soziale Basis verschaffen. Gegenwärtig allerdings sind jihadistische Organisationen durch die antidiktatorischen Aufstände weiter politisch geschwächt.

 

Grundprobleme westlicher Strategiebildung

Interessen und außenpolitische Ziele

Innen- wie Außenpolitik dient der Verfolgung von Interessen. Diese sind nur zum Teil "objektiv" - ohne eine Sicherung der Energieimporte gerieten die europäischen Ökonomien in beträchtliche Schwierigkeiten - und werden durch die politischen Eliten definiert, also gesellschaftlich konstruiert. Die außenpolitischen Interessen werden teilweise konkretisiert, teilweise normativ angereichert oder verallgemeinert und in außenpolitische "Ziele" transformiert, bei denen es sich letztlich um artikulierte und operationalisierte Interessen handelt - wenn auch oft um ideologische Elemente angereichert, die aber primär legitimatorischen oder innenpolitischen Zwecken dienen, also keine außenpolitischen Ziele im engeren Sinne sind.

Die Analyse westlicher Politikformulierung gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten muß ein ganzes Bündel an erklärten außenpolitischen Interessen und Zielen zum Ausgangspunkt nehmen, zu denen vor allem gehören:

Interessengeleitete Ziele

  • Sicherung der Energieversorgung (Öl und Gas), insbesondere bezogen auf die Energiesicherheit und die Sicherung eines vertretbaren Preisniveaus. Das Verteidigungspolitische Weißbuch der Bundesregierung weist einer "sichere(n), nachhaltige(n) und wettbewerbsfähige(n) Energieversorgung" eine "strategische Bedeutung für die Zukunft Deutschlands und Europas " zu.
  • Gewährleistung der Kooperation regionaler Länder zu politischen Fragen, etwa der Kooperation in der Migrationspolitik oder bei der Kriminalitätsbekämpfung;
  • seit dem 11. September 2001 der Schutz und die Vorbeugung vor islamistischem Terrorismus und im Vorfeld vor einer Stärkung radikaler religiöser Bewegungen in der Region;
  • Gewährleistung der Sicherheit und Stabilität Israels und anderer westlicher Partnerländer;
  • Eindämmung der Gefahr einer Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen; sowie:
  • die Förderung regionaler Stabilität, bzw. eine Vermeidung von Situationen des Chaos in einzelnen Ländern bzw. der Region;

Wertebasierte Ziele:

  • humanitäre Ziele, insbesondere in Bürgerkrieg- oder Vor-Bürgerkriegssituationen, etwa in Libyen;
  • die Förderung der Menschenrechte, insbesondere in Hinblick auf staatliche Repression und Gewalt, etwa in Syrien, dem Yemen oder Bahrain;
  • Förderung von Demokratie und Pluralismus, sowie die Unterstützung eines Übergangs von diktatorischen zu weniger repressiven und repräsentativeren politischen Systemen.

Ein Problem besteht darin, daß diese Ziele sehr unterschiedlicher Art sind, und von handfest-wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen bis zu wertebasierten reichen, die oft nicht einfach zu vereinbaren sind und sich in der politischen Praxis nicht selten widersprechen - so das Stabilitätsziel einerseits, das an einem demokratischen Regimewechsel andererseits. Auch das Demokratisierungsziel kann in Ländern mit starken und populären islamistischen Bewegungen leicht in einen Gegensatz zu dem einer Schwächung des Islamismus geraten. Auch das Ziel der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen kann mit dem Demokratisierungsziel konfligieren, wenn - wie in Pakistan - die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung eigene Atomwaffen begrüßt.

Die Trennung von interessen- und wertebasierten Zielen soll nicht unterstellen, daß diese unverbunden nebeneinander stünden. Auch „Interessen“ sind ja nicht ahistorisch-objektiv, sondern werden von politischen Akteuren formuliert und sind deshalb von Werteentscheidungen beeinflußt; wie auch umgekehrt wertebasierte Politik durchaus „härteren“ Politikzielen dienen kann. So kann eine Politik der Demokratie- oder Menschenrechtsförderung, soweit sie über Rhetorik hinausgeht, etwa darauf zielen, andere Regierungen politisch unter Druck zu setzten, oder darauf, fremde Länder nach dem eigenen Vorbild umzugestalten, was auch der Stärkung des eigenen Einflusses dienen mag.

Die Politik wird dadurch nicht eben leichter, daß die von Umbrüchen und Krisen betroffenen Länder der Region keine Einheit bilden, sondern sich an Bevölkerung, Wirtschaftskraft, politischer Tradition, Herrschaftssystem und aktueller Situation grundlegend unterscheiden - und daß deshalb auch die westlichen Interessen durchaus unterschiedlich sind. In einem solchen Kontext eine konsistente, kohärente Politik für die Region zu entwickeln, ist ein höchst schwieriges Unterfangen - selbst wenn man die Widersprüche innerhalb der Europäischen Union und der NATO außer Acht lassen wollte. Allerdings bedeutet die Formulierung einer regionalen Politik für den Nahen und Mittleren Osten nicht, eine einzige für alle Länder zu verfolgen, sondern einen regionalen Politikansatz mit Einzelpolitiken für das jeweilige Land zu verbinden. Natürlich müssen für Länder wie Syrien, Tunesien, den Yemen und Saudi Arabien sehr unterschiedliche Politikkonzepte entwickelt werden - aber diese Politiken sollten sich ergänzen, anstatt sich zu behindern. Waffenlieferungen an eine besonders repressive Diktatur beispielsweise können die Glaubwürdigkeit einer Demokratisierungspolitik in einem Nachbarland untergraben. Daneben bedarf es der Zusammenfügung der einzelnen Länderpolitiken zu einer regionalen auch deshalb, weil gerade die Umbrüche seit dem Jahreswechsel 2010/2011 belegen, daß die jeweiligen Entwicklungen in den einzelnen Ländern regional verknüpft sind und es neben den länderspezifischen Entwicklungen auch eine regionale Dynamik gibt.

Daneben muß berücksichtigt werden, daß die Politik westlicher Länder gegenüber der Region nicht allein von den dortigen Bedingungen und den darauf gerichteten Interessen und Zielen geprägt wird, sondern auch Erwägungen eine oft zentrale Rolle spielen, die sich auf das Verhältnis des eigenen Landes zu den westlichen Verbündeten oder auf die eigene Innenpolitik beziehen. Beispiele dafür sind der Schwenk der US-Regierung von einer Zurückhaltung gegenüber militärischen Maßnahmen gegen Libyen zur zentralen Rolle bei den Luftangriffen Mitte März 2011, der innenpolitisch bedingt war, die Kehrtwende des französischen Präsidenten vom engsten Unterstützer nordafrikanischer Diktatoren (Tunesien) zu einer Politik des gewaltsamen Sturzes der libyschen Diktatur, oder die späte Teilnahme Italiens an den Luftangriffen nach dem ernsten Streit mit Frankreich über den Umgang mit tunesischen Migranten. Auch die deutsche Afghanistanpolitik ist hier zu nennen, die zuerst fast ausschließlich aufgrund des Verhältnisses zu den USA nach dem 11. September 2001 erfolgte und erst nach der Grundsatzentscheidung eines Bundeswehreinsatzes schrittweise begann, sich stärker an Afghanistan auszurichten.

Insgesamt erfolgt außenpolitische Politikformulierung deshalb in einem Wechselspiel innen- und außenpolitischer Interessen, wobei die außenpolitischen wiederum aus bündnispolitischen, länderspezifischen, regionalen und wertebasierten bestehen.

Es ist deshalb kaum überraschend, daß die politischen Reaktionen auf die Krisen in den einzelnen Ländern oft ad-hoc getroffen wurden, sehr unterschiedlich ausfallen und widersprüchlich sind. Sie reichen von Krieg (Afghanistan, Irak, Libyen) über begrenzte wirtschaftliche Sanktionen (Syrien) bis zu behutsamer Diplomatie (Bahrain) und politischer wie wirtschaftlicher Unterstützung (Tunesien, Ägypten, Marokko).

 

Strategiebildung als Schlüsselaufgabe

Außenpolitik in Bezug auf ein konkretes Land - soweit sie über bloße symbolische Gesten hinausgeht - sollte zuerst die eigenen Politikziele klar und präzise formulieren, was in einer so schwierigen Region wie dem Nahen und Mittleren Osten doppelt nötig ist. Dabei wird es in der Regel zur Kombination unterschiedlicher Ziele kommen, was eine konsistente Politik erschweren mag, aber nicht unmöglich macht. Allerdings kommt es darauf an, sich genau über das Verhältnis unterschiedlicher Ziele klar zu werden. Eine bloße Addition von Zielen führt leicht zur Lähmung von Politik, da diese nicht selten in einem Spannungsverhältnis oder Widerspruch zu einander stehen. Politikformulierung bedeutet nicht, eine möglichst lange Wunschliste erstrebenswerter Dinge zusammenzutragen, sondern die Prioritären der unterschiedlichen Ziele verbindlich zu klären. Schulze Zumkley spricht von einer "Zielhierarchie". Es kann und darf nicht einfach unterstellt werden, daß Interessen nach Stabilität, Demokratie, sicherer Energieversorgung, Menschenrechts- und Exportförderung und der Sicherheit Israels aufgrund höherer Fügung bruchlos ineinandergriffen und sich segensreich ergänzten – in vielen Fällen werden sich solche einzelnen Ziele gegenseitig beeinflussen, behindern oder gar blockieren. Für diesen – häufigen – Fall kommt es darauf an, vor dem Eintreten der Situation geklärt zu haben, wie die Prioritäten der Zielsysteme sind. Welches an sich wünschbare Ziel sollte zurückgestuft oder aufgegeben werden, wenn es die Erreichung eines anderen – höherwertigen – be- oder verhindert? Trotziges Beharren auf politischen Wunschlisten kann die Politik lähmen. Der Afghanistankrieg stellt dafür ein beredtes Beispiel dar, da mindestens bis 2010 seine Ziele vage und unbestimmt bleiben und dies durch reiche Rhetorik nur verdeckt wurde.

Nach der Klärung der eigenen Ziele und deren Prioritisierung geht es um die Formulierung einer grundlegenden und realistischen Strategie (im Unterschied zur Taktik). Die Klärung der Zielhierarchie stellt dazu bereits einen wichtigen Schritt dar, von dem alles andere abhängt. Vom Kernziel und den damit verbundenen Sekundärzielen her gilt es, einen konzeptionellen Grundansatz oder Wirkungsmechanismus zu formulieren, der tatsächlich – und nicht nur rhetorisch – eine Zielerreichung sicherstellen kann. Hat man sich – beispielsweise – in einem Land A für Terrorismusbekämpfung als dominierendes Politikziel entschieden, dann könnte der Grundansatz theoretisch im Aufspüren und der Tötung aller Terroristen bestehen, aber auch darin, einen lokalen Staatsapparat zu schaffen oder so zu stärken, daß er im Rahmen seiner normalen Staatstätigkeit dem Terrorismus den Boden entzieht; er könnte theoretisch auch darin bestehen, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern, um den Anreiz terroristischer Taten zu vermindern; oder man könnte versuchen, manche gewaltbereiten Gruppen von den Terroristen zu entfremden und gegen sie zu instrumentalisieren, schließlich könnte man auch versuchen, das fragliche Land sich selbst zu überlassen und nur den Export des Terrorismus aus diesem Land zu unterbinden. Offensichtlich sollte der gewählte Wirkungsmechanismus dem übergeordneten Ziel dienen und aus den Ursachen und Triebkräften des zu lösenden Problems abgeleitet werden - in diesem Beispiel also aus den Bedingungen, die den Terrorismus im Land A verursachen oder stärken.

Nicht alle denkbaren Wirkungsmechanismen bzw. Grundansätze werden in einem konkreten, realen Fall sinnvoll oder wünschenswert sein, nicht alle werden tatsächlich funktionieren - genau deshalb muß konzeptionell entschieden werden, worin der zentrale Grundansatz bestehen soll und woraus eben nicht. Dabei ist wieder selbstverständlich, daß eine Entscheidung darüber nicht bedeutet, alle anderen sinnvollen Maßnahmen zu unterlassen. Ganz im Gegenteil: Ein sinnvoller und erfolgversprechender Grundansatz braucht oft bestimmte Voraussetzungen, die erst hergestellt werden müssen, er muß durch andere Maßnahmen flankiert werden, um voll wirksam zu werden, und es wird auch darüber hinaus gehende Maßnahmen geben, die auf die Erreichung anderer Unterziele gerichtet sind. Der Grundansatz ist also nicht der einzige Wirkungsmechanismus, sondern eben der zentrale, der die anderen anleitet und diesen übergeordnet ist. Auch dies dient der Vermeidung von Friktion und Lähmung: Wenn etwa der Grundansatz im Land A in der Etablierung funktionierender Staatlichkeit besteht, dann sollte man mit der Nutzung fremder nicht-staatlicher Gewaltakteure zu anderen, etwa sicherheitspoltischen Zielen, sehr vorsichtig sein oder sie unterlassen, weil diese eben das Gewaltmonopol des Staates und diesen selbst schwächen. Darauf wurde an anderer Stelle am Beispiel Afghanistan hingewiesen. Die Verfolgung sekundärer Politikziele und Programme zweiten oder dritten Ranges dürfen nicht den oder die zentralen Wirkungsmechanismen lähmen oder behindern.

Es wird also immer notwendig sein, ein ganzes Bündel konzeptioneller Ansätze zu kombinieren – aber dabei kommt es auf ihr Verhältnis zueinander, auf ihre Kompatibilität, Priorisierung und Konfigurierung an. Eine bloße Addition mit dem Nebeneinander verschiedener Ansätze führt leicht in eine politische Sackgasse.

Erst wenn über die Ziele und ihre Prioritäten und über die Grundansätze und nachgeordnete wie komplementäre Ansätze zur Zielerreichung entschieden ist, stellt sich die Frage der Mittel und Instrumente. Diese müssen so ausgewählt werden, daß sie der Erreichung der (primären, wenn möglich auch sekundären) Ziele auf der durch das Grundkonzept vorgegebenen Art möglichst wirksam dienen. Zusammengenommen ergibt sich der Prozeß von Strategiebildung.

Die eigentliche Selbstverständlichkeit – daß dabei nämlich Mittel und Instrumente in einem dienenden Verhältnis zu den Zielen stehen sollten – wird allerdings häufig ignoriert. Der britische Ex-General Rupert Smith argumentiert in eine ähnliche Richtung: "In international affairs we tend to place the highest priority on what we do rather than on what will achieve our ultimate object. This is because we sometimes have not defined our object in sufficient detail, and sometimes because in taking action we forget there are higher priorities." Nicht selten wird über den Einsatz von Mitteln entschieden, bevor oder ohne das das Zielsystem wirklich geklärt ist – in solchen Fällen suchen sich die Mittel dann selbst ihre Ziele, was einen Verzicht auf politische Steuerung der Politik bedeutet. Oder aber der Instrumenteneinsatz wird mit vagen, breiten und evtl. widersprüchlichen Zielen verknüpft, die wenig Nutzen für politische Steuerung haben und eher auf die Öffentlichkeitsarbeit zielen – dann besteht die Gefahr, daß diese Ziele schleichend und schrittweise dem Instrumenteneinsatz angepaßt werden. Im amerikanischen Militär nennt man dies mission creep - also die schleichende und sich hinter dem Rücken der Akteure durchsetzende Veränderung der Einsatzziele, ohne daß eine solche Änderung jemals beschlossen worden wäre.

Beschlüsse über einen Instrumenteneinsatz ohne klare Zielvorgabe bedeuten faktisch eine Überordnung der Mittel über die Ziele und damit eine orientierungslose Politik. Außen- und Sicherheitspolitik wird von bürokratischen Apparaten geprägt, deren Stärke in eingespielten administrativen Abläufen und Verfahren liegt, im Vorhandensein von zweckrationalen Organisationen und Programmen, die aber oft ein prägendes Eigengewicht entwickeln, das konzeptionelles Umsteuern erschwert. Ihre Wirkung hängt davon ab, daß die politische Leitung einen widerspruchsfreien, realistischen, wirkungsvollen und sinnvollen strategischen Rahmen vorgibt. Gerade daran mangelt es allerdings häufig. Daher wird der verständliche Reflex der bürokratischen Apparate gefördert, of-the shelf auf die eingespielten Instrumente und Programme zurückzugreifen, die sich in der Vergangenheit bewährt haben und die man schnell und ohne Reibungsverlust umsetzen kann - selbst wenn diese eigentlich zu anderen Zwecken geschaffen wurden. Meist liegen die entscheidenden Probleme bei der Strategiebildung nicht auf der administrativen Ebene, sondern an Defiziten der politischen Leitung. Denn nur durch diese kann über eine realistische, möglichst widerspruchsfreie Gesamtstrategie entschieden werden, nicht auf der Fachebene der Ministerien oder nachgeordneter Akteure. Aber gerade auf der politischen Führungsebene müssen die meisten Rücksichten auf innenpolitische oder bündnispolitische Erwägungen genommen werden, gerade dort ist die Versuchung am größten, wohlklingende Formulierungen zur Öffentlichkeitsarbeit selbst für eine politische Strategie zu halten.

Der genaue Einsatz der Mittel/Instrumente zur Erreichung konkreter Einzel- und Unterziele (die aber den strategischen Gesamtzielen dienen müssen, um überhaupt sinnvoll zu sein) ist eine Frage der Taktik (also nicht der Strategie), die aber nur im Rahmen der Gesamtstrategie relevant wird. Hierbei geht es um die konkrete Implementierung der Strategie und deren wirksame Administration. Dabei spielen dann administrative, organisatorische, finanzielle, personelle und operative Fragen eine wichtige Rolle.

 

Mögliche Reichweiten des strategischen Grundansatzes

Die angesprochene Klärung der Zielhierarchie und der Ziel-Mittel-Relationen (also der außenpolitischen Strategie) ist immer sinnvoll, allerdings nicht immer im gleichen Maße unabdingbar. Je weitreichender, komplexer und anspruchsvoller die Politikziele sind, desto dringlicher ist sie. Während bei punktuellen und einfach strukturierten Politikzielen eine implizite, intuitive oder administrativ vorgegebene politische Praxis noch ausreichen mag, gilt dies bei weitreichenden und komplexen Politikzielen nicht. Deshalb ist es nützlich, zwischen Zieltypen unterschiedlicher Reichweite zu unterscheiden.

  • Die erste, klassische Zielkategorie besteht in der punktuellen Beeinflussung des konkreten Regierungshandelns eines anderen Landes, in diesem Falle aus der Region des Nahen und Mittleren Ostens. Das Ziel besteht in solchen Fällen in der Durchsetzung konkreter Einzelinteressen (Exportaufträge, Kooperation in der Migrationspolitik, Abstimmungsverhalten in der UNO, etc.). Der Ausgangspunkt liegt in der prinzipiellen, praktischen wie grundsätzlichen Akzeptanz des Gegenübers, also der „Partnerregierung“ des fraglichen Landes. Die Politikziele bleiben selektiv und punktuell. Sie sind auf den eingespielten Pfaden des Gebens und Nehmens, des Überzeugens, der Anreize und Kostenschaffung bei fehlender Kooperation grundsätzlich zu erreichen, wenn sie den Partnerinteressen nicht – zu deutlich – widersprechen. In diesem Routinebereich praktischer Politik verfügen die westlichen (wie andere) Regierungen über einen reichen Erfahrungsschatz und ein breites Bündel an Instrumenten. Hier mag es Erfolge oder Mißerfolge geben, aber prinzipiell bestehen wenige grundlegende Probleme in der Verfolgung eines konkreten Einzelziels durch die darauf ausgerichteten Instrumente.
    Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn die politischen Ziele symbolisch oder materiell in sensible Bereiche der Innenpolitik des Ziellandes hineinreichen (zum Beispiel die Forderung nach der Freilassung politischer Gefangener oder des Schutzes einer religiösen oder ethnischen Minderheit). In solchen Fällen können politisches Prestigedenken oder die Sorge vor einer innenpolitischen Schwächung die Bereitschaft einer Partnerregierung zum Entgegenkommen oder zum Kompromiß dämpfen.
  • Eine zweite, wesentlich problematischere Zielkategorie eröffnet sich, wenn die westliche Politik eine Partnerregierung zwar prinzipiell akzeptiert, aber grundlegende und strukturelle (nicht nur punktuelle oder kosmetische) Reformen in deren Land erreichen möchte. So greifen etwa Forderungen nach Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit, Geltung der Menschenrechte, nach einem Ende umfassender Korruption und ähnliches tief in die Innenpolitik und die Machtverhältnisse im Zielland ein. Afghanistan ist – bzw. war bis vor einiger Zeit - hier ein erhellendes Beispiel, das Problem stellt sich aber in milderer Form auch bei zahlreichen anderen Ländern. Selbst wenn solche Reformforderungen westlicher Länder nicht auf einen Umsturz, sondern auf die Stabilisierung des Partnerlandes zielen mögen – etwa im Falle präventiver oder akuter Counterinsurgencyso werden sie doch häufig als fremde Einmischung in innere Angelegenheiten, als Schädigung des eigenen Ansehens, als eine Bedrohung der Interessen (etwa an den Einkünften durch Korruption oder Drogenhandel), als Einschränkung der eigenen Macht (etwa durch den Zwang, sich nun an Regeln und Gesetze halten zu sollen) oder gar als Bedrohung der eigenen Herrschaft wahrgenommen. Es ist offensichtlich, daß solch weitreichende Ziele durch den Austausch diplomatischer Noten allein kaum zu erreichen sein werden.
  • Noch grundlegender wird dieses Problem, wenn die Legitimität einer fremden Regierung bestritten und der Sturz dieser Regierung zum Politikziel wird (Regime Change). Dann ist deren Kooperationsbereitschaft nur in Ausnahmefällen zu erwarten, etwa, wenn die dortigen innenpolitischen Verhältnisse dies ohnehin als unvermeidlich erscheinen lassen. Dies ist gegenwärtig am ausgeprägtesten bezüglich Libyens der Fall, in milderen und z.T. widersprüchlicheren Formen aber auch in Bezug den Iran - zumindest bei einigen westlichen Ländern (v.a. USA). In Bezug auf Syrien war das Interesse an Regime Change in Israel und zum Teil Washington im Zuge der Unruhen und Repression der letzten Monate zugunsten des an regionaler Stabilität wesentlich vermindert. Erst seit dem August 2011 verlangen die USA und ihre wichtigsten Europäischen Partner öffentlich den Rücktritt Präsident Assads.
  • Schließlich kommt es darüber hinaus noch vor, daß eine weitreichende oder grundlegende Umgestaltung der Gesellschaft (also nicht nur der Regierung oder des Regimes) eines Landes zum erklärten Politikziel wird, etwa in Verbindung mit oder im Anschluß an den vorigen Punkt. Regime Change kann ja auf die bloße Auswechselung einer unliebsamen Regierung fokussieren – aber auch mit weiter reichenden Ansprüchen, etwa nach tiefgreifender Demokratisierung eines Landes, einem wirtschaftlichen Systemwechsel, der Änderung der Geschlechterrollen oder der Einführung anderer Rechtssysteme einhergehen. Während im vorletzten Punkt weitreichende Reformforderungen vor allem der Stabilisierung einer Partnerregierung (auch gegen deren Widerstreben) dienen sollen, können sie auch vom Mittel zum Ziel der Politik werden und mit Regime Change verknüpft sein. Es ist offensichtlich, daß in solchen Fällen die üblichen diplomatischen oder militärischen Mittel kaum ausreichen werden, da es sich letztlich um den Versuch von Social Engineering handelt, auch wenn der Begriff vermieden wird und im angelsächsischen eher von "Nation-Building" gesprochen wird. Die US-Irakpolitik zum Sturz Saddam Husseins, die ja zuerst stark mit einer "Entbaathisierung" verknüpft war, und erneut Afghanistan sind Beispiele. Ob dies auch gegenüber Libyen gelten soll, ist noch nicht ganz erkennbar, dürfte aber mittel- und längerfristig kaum vermeidbar sein.
     

Erfolgsbedingungen westlicher Politikintervention aufgrund innerwestlicher und internationaler Politikfaktoren

Wir haben bisher auf die Notwendigkeit der Klarheit und Priorisierung der westlichen Politikziele und die Erfordernis der Existenz einer realistischen politischen bzw. politisch-militärischen Strategie hingewiesen. Daneben müssen allerdings weitere Faktoren beachtet werden, die eine erfolgreiche Politik erleichtern oder verhindern können.

Innenpolitische und bündnispolitische Konstellationen.

Oben wurde bereits festgestellt, daß außenpolitische Ziele durchaus von innen- und bündnispolitischen Absichten beeinflußt oder bestimmt werden können. Diese mögen unter Umständen bedeutsamer sein als die Interessen und Politiken gegenüber dem Zielland. Im Dreieck zwischen Innenpolitik, Bündnispolitik und Politik gegenüber einem speziellen Land des Nahen und Mittleren Ostens ist es - gerade in Deutschland - keine Seltenheit, daß die außenpolitischen Erwägungen hinter den beiden anderen Seiten des Dreiecks zurückstehen - obwohl der öffentliche Diskurs sich auf die außenpolitische Argumente konzentriert. So erfolgte die Nicht-Beteiligung an den Kriegen gegen den Irak und Libyen primär aus innenpolitischen Erwägungen, so wie die Beteiligung an den Kriegen auf dem Balkan und in Afghanistan und der Somalia-Intervention vor allem aus bündnispolitischen. Darauf wurde oben hingewiesen. Trotzdem wurden diese Politiken vor allem mit außenpolitischen und humanitären Argumenten gerechtfertigt. Nun sind die Berücksichtigung innen- und bündnispolitischer Erwägungen nicht a priori illegitim. Allerdings werfen sie in konkreten Fällen zwei Probleme auf: Einmal die Gefahr einer Vernachlässigung seriöser außenpolitischer Planung und Implementierung, da diese ja gegenüber den beiden anderen Punkten zweitrangig sind und so eine Tendenz zu einer improvisierenden und eher freihändigen Politik resultiert; und die Gefahr eines latenten oder akuten Konflikts zwischen den innen- bzw. bündnispolitischen Gründen, die oft eher diskret behandelt werden, und den außenpolitischen. Dadurch kann die tatsächliche Strategiebildung behindert, erschwert oder gelähmt werden.

Grad des Engagements.

Die Erreichung weitreichender Politikziele setzt ein teilweise beträchtliches Mindestmaß an personellen und materiellen Ressourcen voraus. Darüber hinaus wirken bestimmte politische Instrumente erst auf Dauer, nicht kurzfristig. Der Neuaufbau oder die grundlegende Umgestaltung fremder Gesellschaften kann durchaus eine Frage von einer oder zwei Generationen sein. Um diese drei Aspekte zu gewährleisten, braucht es ein hohes Maß an politischem Willen und solide und dauerhafte innenpolitische Unterstützung. Diese Faktoren bestimmen also wesentlich über die Handlungsfähigkeit westlicher Politik mit. Dies bedeutet zugleich, daß bei einem Fehlen dieser Voraussetzungen (bei zu geringer dauerhafter innenpolitischer Unterstützung, einem zu engen Zeithorizont sowie zu geringen personellen und finanziellen Ressourcen) die Politikziele und Strategie nach unten angepaßt werden sollten, damit diese den beschränkten Möglichkeiten entsprechen und beide nicht zu sehr auseinanderklaffen.

Geschlossenheit und Koordinierung der westlichen/internationalen Akteure.

Zugleich hängt die Handlungsfähigkeit und Wirkungsmöglichkeit der Politik bezüglich der Region von einer abgestimmten und koordinierten internationalen Herangehensweise ab. Wenn klar umgrenzte politische Ziele von der internationalen Gemeinschaft gemeinsam und koordiniert verfolgt werden, steigen ihre Erfolgsaussichten. Dies gilt nicht allein bei der Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen, die in der Regel nur wirken, wenn sie umfassend und allgemein beachtet werden, sondern auch bei anderen Formen politischen Drucks, wie auch bei Versuchen von Demokratisierung, state-building und anderen Zielen. Eine uneinheitliche oder widersprüchliche Politik unterschiedlicher externer Akteure wird weniger wirksam sein als ein abgestimmter und gemeinsam implementierter Politikansatz. Ein bloßes Nebeneinander öffentlicher und privater Akteure, ziviler und militärischer Organisationen, internationaler und Behörden einzelner Länder, interner und ausländischer Akteure führt leicht zu Widersprüchen und Reibungsverlusten. Wenn es der Regierung des Ziellandes gelingt, unterschiedliche ausländische Akteure gegeneinander auszuspielen oder einen Teil der Akteure aus einer gemeinsamen Politik herauszubrechen, wird sie äußeren Druck oder Einflußnahme leichter abweisen können. In diesem Rahmen spielen die Legitimität und Legalität der Maßnahmen eine große Rolle. Maßnahmen, die juristisch fragwürdig sind oder dem Völkerrecht widersprechen (etwa militärische Operationen, die sich weder auf den Artikel 51 der UNO-Charta noch einen Beschluß des Sicherheitsrates der UNO stützen können) werden selten die gesamte internationale Gemeinschaft hinter sich bringen. Völkerrechtswidrige Interventionen sollten deshalb aus prinzipiellen wie aus pragmatischen Gründen unterlassen werden. "Koalitionen der Willigen" oder Zwangsmaßnahmen eines Militärbündnisses sind kein Ersatz für Legalität.

Insgesamt mögen innen- oder bündnispolitische Erwägungen bei der Entscheidung über außenpolitische Grundsatzfragen und insbesondere bezüglich der Anwendung ziviler oder militärischer Zwangsmaßnahmen prinzipiell legitim sein, aber es gilt sorgfältig darauf zu achten, daß sie die außenpolitischen Ziele nicht konterkarieren oder zur Formulierung von Zielen führen, die nicht oder nicht zu vertretbaren Kosten umgesetzt werden können. Sich aus symbolischen, innen- oder bündnispolitischen Zielen an einer Militärintervention oder anderen Zwangsmaßnahmen zu beteiligen, hat sich oft als Weg in eine Sackgasse erwiesen: Solche Entscheidungen können im Zielland destabilisierend, destruktiv oder fragmentierend wirken und entfalten dann eine Eigendynamik, der man sich nicht entziehen kann. Auch wer aus Solidarität mit Washington am Krieg in Afghanistan teilnehmen möchte, braucht vor Kriegseintritt (oder Operationsbeginn) ein auch auf Afghanistan bezogenes, realistisches und belastbares Gesamtkonzept (eine Strategie), um nicht dort in eine unhaltbare Situation zu geraten.

Wenn die strategischen Gründe eines Einsatzes in einem Land A auf die politisch-symbolische Wirkung in einem Land B zielen (nämlich dem eigenen oder dem eines Bündnispartners), dann sinkt dieser Einsatz in A auf eine taktische Ebene - und die Entwicklung einer tragfähigen Strategie für dieses Land wird wesentlich erschwert. Die resultierenden Probleme werden durch mangelnde Koordinierung oder fragmentierte Implementierung verschärft, aber nicht verursacht. Anders formuliert: Wenn das eigentliche Politikziel des Afghanistaneinsatzes darin bestand, "Bündnisfähigkeit" und "Solidarität mit den USA" zu demonstrieren, dann wurde die Entwicklung eines tragfähigen und realistischen Gesamtkonzeptes für Afghanistan faktisch zu einer nachgeordneten Angelegenheit - bis sich dort die Probleme so sehr zuspitzten, daß sie nicht länger verdrängt werden konnten. Dann ist es aber in der Regel zu spät.

Das Instrumentarium westlicher Politik.

Nach der ausführlichen Betrachtung der  außenpolitische Ziele und Strategien sollen nun die Mittel und Instrumente zu deren Implementierung thematisiert werden. Dabei wollen wir von den behutsamsten zu den einschneidendsten voranschreiten. Prinzipiell bestehen Möglichkeiten, durch symbolische und diplomatische Maßnahmen und durch die Förderung, Unterstützung und Anreize von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren auf die Entwicklung in der Region Einfluß zu nehmen, außerdem durch Sanktionen, die Reduzierung oder Einstellung von Hilfe, im Extremfall auch durch die Option einer Androhung oder Anwendung von Gewalt bis hin zum Krieg.

Die mildeste Form der Einflußnahme besteht im diplomatischen (also zwischen Regierungen stattfindenden und meist vertraulichen) Verkehr und in öffentlichen Erklärungen, durch die Unterstützung oder Kritik geäußert wird. Dazu kommen symbolische Maßnahmen wie der Empfang bzw. Nicht-Empfang, die Ein- oder Ausladung von Staatsgästen und Politikern, die Einbestellung eines fremden Botschafters, die Zurückberufung des eigenen, der Abbruch diplomatischer Beziehungen und ähnliches. Etwas darüber hinaus geht die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen dritter Länder, was neben ihrer symbolischen Bedeutung und teilweise schützende auch begrenzte operative Wirkung haben kann, wenn beispielsweise Nichtregierungsorganisationen zur Förderung von Demokratie, Menschen- oder Frauenrechten finanziell oder durch Bereitstellung von Material oder Geräten unterstützt werden. A. Lawrence Chickering formuliert diesen Punkt pointiert:

"Since the end of the Cold War—and especially since 9/11—civil society has become an important potential strategic instrument for both foreign and national security policy." Er fordert eine "strategy for working with civil society organizations to promote economic, social and political reform in developing countries. Some of the initiatives aim at promoting certain kinds of government policies (economic policy reform and property rights for the poor), while others aim at promoting changes in society and culture (educating girls and programs to recruit citizens in promoting democracy and peace)."

In manchen Situationen kann eine solche Förderung allerdings auch schwierig oder kontraproduktiv sein, wenn die Empfänger daraufhin als „ausländische Agenten“ ausgegrenzt werden. Diese Gefahr besteht nicht nur in Ländern wie dem Iran und Syrien (wo eine systematische Förderung der Zivilgesellschaft kaum möglich war und ist), sondern selbst in Ländern wie Ägypten unter Präsident Mubarak.

Zu den Mitteln außenpolitischer Einflußnahme zählt man in den letzten Jahren auch die Auswärtige Kulturpolitik im Allgemeinen, und die Public Diplomacy im Besonderen. Sie zielen selten auf direkte Durchsetzung kurzfristiger politischer Ziele - auch wenn dies gelegentlich vorkommen mag - sondern auf die Verbesserung des eigenen Images, auf eine langfristige Änderung der wechselseitigen Wahrnehmung oder die der Wahrnehmung des eigenen Landes oder der eigenen Regierung im Zielland. Public Diplomacy impliziert letztlich, nicht die Regierung des Ziellandes direkt zu beeinflussen, sondern dessen Gesellschaft und insbesondere deren Perzeptionen und Diskurse - wobei dies wiederum langfristig Einfluß auf die betroffene Regierung und deren Handeln nehmen soll.

Ein - wenn auch nicht immer ganz einfaches - Mittel außenpolitischer Einflußnahme stellt die Entwicklungspolitik dar. Diese erfolgt prinzipiell auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit der Partnerregierung, so daß sie deren Interessen kaum diametral entgegengesetzt sein kann. Allerdings lassen sich in vielen Fällen im Rahmen der vorbereitenden Verhandlungen meist durchaus eigene Akzente setzen. Diese Entwicklungszusammenarbeit kann als außenpolitisches Instrument symbolische, belohnende und bestrafende Funktionen übernehmen, so etwa bei einer Erhöhung oder Kürzung ihres Umfangs. Eine Unterstützung bei der Verbesserung der materiellen oder sozialen Infrastruktur, der Lebensbedingungen der Bevölkerung, oder bei den lokalen Governance-Strukturen wird eine Zielregierung zwar selten zu einer grundlegenden Änderung ihrer Politik veranlassen, stellt aber doch ein weiteres Element von soft power dar, das im Konzert mit anderen Einflußmöglichkeiten eröffnet. Allerdings sollte dieses Instrument als Einflußfaktor nicht überschätzt werden: Die deutsche Entwicklungspolitik in der Region wird in vielen Ländern die dafür nötige kritische Masse nicht erreichen, und Ölexporteure am Persischen Golf sind durch dieses Mittel ohnehin kaum zu beeindrucken.

Eine weitere Ebene des Standardinstrumentariums besteht in Einreiseverboten für oder der Ausweisung von ausländischen Politikern oder Staatsfunktionären und im Einfrieren (und später ggf der Beschlagnahme) ihrer Bankkonten in Europa und der USA. Auch Maßnahmen gegen bestimmte Wirtschaftsunternehmen (etwa im Besitz fragwürdiger Personen, oder in illegale oder unerwünschte Aktivitäten verwickelt) kommen in Betracht.

Damit ist bereits die Stufe wirtschaftlicher Sanktionen erreicht, die entweder sehr selektiv (evtl. zur Vermeidung von Nachteilen für die Bevölkerung) oder pauschal gegen ganze Volkswirtschaften verhängt werden. „Smarte“ Sanktionen sollen so angelegt sein, daß sie die Interessen der Zielgruppe (eine konkrete Personengruppe, ein Regime, eine politische Elite) möglichst massiv beeinträchtigen, ohne dabei die Bevölkerung (etwa durch eine schlechte Versorgungslage, durch steigende Arbeitslosigkeit, etc.) mehr als unvermeidbar in Mitleidenschaft zu ziehen. Darüber hinaus gibt es umfassende Wirtschaftssanktionen, die unter bestimmten Umständen eine ganze Volkswirtschaft lähmen oder funktionsunfähig werden lassen und die auch schwerste Beeinträchtigungen für die Bevölkerung mit sich bringen. Dies kann unbeabsichtigt erfolgen oder intendiert sein, um durch wachsende Unzufriedenheit in der Zivilbevölkerung des Ziellandes Druck auf die dortige Regierung auszuüben. Allerdings ist ein Erfolg dabei alles andere als gesichert, da die betroffene Regierung meist versuchen wird, die Schuld für die innenpolitische Krise dem Ausland zuzuweisen. Die Erfahrungen mit dem Irak nach dem Krieg von 1991 demonstrierten auch, daß eine schwere wirtschaftliche Notlage der Bevölkerung dazu beitragen kann, sie noch stärker von der eigenen Diktatur abhängig zu machen. In der Regel setzen wirtschaftliche Sanktionen am Außenhandel (z.B. Nicht-Lieferung von Technologie oder Ersatzteilen, Boykott des gesamten Exportes oder bestimmter Schlüsselsektoren) und dem Finanzwesen an.

Solche Maßnahmen können in Verbindung oder unabhängig von Sanktionen erfolgen, die speziell auf die Sicherheitsapparate zielen, etwa eine selektive oder umfassende Verminderung oder Beendigung von Rüstungsexporten, ein Stopp von militärischer oder polizeilicher Ausbildungshilfe, häufig verknüpft mit einer strengen Kontrolle militärisch relevanten Technologietransfers. Solche Sanktionen können durchaus auch wirtschaftliche Folgen zeitigen, da viele dual-use Güter (etwa bei der Telekommunikation und Datenverarbeitung) dann auch für die zivile Nutzung nicht zur Verfügung stehen.

Die Europäische Union nennt als ihre Standardsanktionen die folgenden vier Bereiche:

  • "Arms embargoes
  • Restrictions on equipment used for internal repression and other specific imports or exports
  • Restrictions on admission (visa or travel ban)
  • Financial restrictions."

Ein weiteres, häufig illegales Instrument besteht in sogenannten „verdeckten Operationen“ (Covert Action), die geheim oder zumindest abstreitbar bleiben sollen und meist auf die Schwächung oder Schädigung eines gegnerischen Landes zielen, aber auch auf die geheime Unterstützung ausgewählter substaatlicher, oppositioneller Akteure gerichtet sein können. Sie werden in der Regel von Geheimdiensten umgesetzt. Ihr Spektrum reicht von psychologischen Operationen zur Beeinflussung bestimmter Zielgruppen oder einer ganzen Bevölkerung über wirtschaftliche Schädigung (In-Umlauf-bringen von Falschgeld, Schädigung der Ernte, Cyber-War, Sabotage wirtschaftlicher Infrastruktur, etc.), Gewaltmaßnahmen, etwa Attentaten, Bombenanschlägen, und ähnlichem, bis zur Unterstützung oder der Organisierung von Staatsstreichen oder der Bewaffnung und Unterstützung von Aufständischen. Die Blütezeit solcher verdeckter Operationen war im Kalten Krieg, etwa in der Regierungszeit Präsident Reagans, wo sie einen wichtigen Bestandteil der nach ihm benannten „Reagan-Doctrine“ darstellten.

Schließlich bleibt auf die Mittel offener und direkter militärischer Interventionen hinzuweisen, die ihrerseits von gezielten, punktuellen Luftangriffen (etwa durch Kampfflugzeuge, Drohnen oder Lenkflugkörper) über die Unterstützung oder Durchführung von Aufstandsbekämpfung (Counterinsurgency) bis zu konventionellen Kriegen reichen können. In letzter Zeit wird dieser Aspekt dadurch kompliziert, daß entsprechende militärische Mittel zunehmend auch gegen nicht-staatliche Akteure eingesetzt werden, etwa im Yemen oder den Stammesgebieten Pakistans.

Das Bündel dieser Maßnahmen und Instrumente ist offensichtlich nicht allein von westlichen Staaten angewandt worden, sondern auch von anderen Groß- und regionalen Mächten. Dies ändert aber nichts daran, daß es insgesamt auch zum Bestand westlicher Außen- und Sicherheitspolitik gehörte und gehört, die hier diskutiert wird.

Das Vorhandensein von Instrumentarien bedeutet nicht automatisch, daß diese eine Erreichung der Politikziele auch gewährleisten. Ohne politische Instrumente wäre Politik allerdings unmöglich und die Erreichung eigener Ziele ausschließlich von externen, unbeeinflußbaren Faktoren oder durch Zufall möglich. Allerdings bedeutet dies umgekehrt nicht, daß ein breites Bündel an politischen Mitteln den Zeck ihres Einsatzes automatisch erreicht. Allgemein lassen sich folgende potentielle Probleme benennen:

  • Instrumente mögen zwar vorhanden, können aber defizitär oder defekt sein. Ein schlecht oder gar nicht funktionierendes oder falsch angewandtes Instrument ist wenig hilfreich oder nutzlos. So sind Wirtschaftssanktionen, die von relevanten Akteuren unterlaufen werden, selten wirksam.
  • Instrumente mögen verfügbar sein, können aber aus praktischen und politischen Gründen nicht oder nur unter Einschränkungen genutzt werden. Eine Motorsäge mag sehr nützlich und funktionsfähig sein – wenn man sich aber kein Benzin dafür leisten kann oder ihr geräuschvoller Einsatz wegen der Nachbarn am Sonntagnachmittag nicht in Betracht kommt, hilft sie wenig. Sanktionen, die zu einer Hungersnot unter der Bevölkerung führten, werden kaum eingesetzt werden können, unabhängig von ihrer potentiellen Wirksamkeit.
  • Instrumente mögen vorhanden sein, ihr gleichzeitiger Einsatz kann sich aber unter bestimmten Bedingungen behindern oder gar ausschließen. So würde die Nutzung von Entwicklungs- oder Wirtschaftshilfe gegenüber einem Land, gegen das man zugleich Krieg führt, wenig sinnvoll sein.
  • Politische Instrumente können verfügbar, funktionsfähig und einsetzbar, aber für das gewählte Ziel untauglich sein. Ein Presslufthammer ist für den Geigenbau selten hilfreich, wie auch die Instrumente eines Goldschmieds für ein Abrißunternehmen nutzlos sein dürften. So sind die EZ oder Public Diplomacy sicher ungeeignet, um Regime Change zu erreichen.
  • Politische Instrumente sind wenig hilfreich, wenn ihr Einsatzzweck unklar, vage oder widersprüchlich ist. Solange nicht entschieden ist, ob man ein Haus, einen Sprengkörper oder eine Geige baut, kann man Instrumente nicht sinnvoll auswählen oder gar einsetzen. Entsprechendes gilt bei widersprüchlichen Zielsystemen, bei denen verschiedene Ziele sich widersprechen und blockieren und den zweckrationalen Instrumenteneinsatz behindern.

Es liegt auf der Hand, daß das oben zusammengefaßte Instrumentarium westlicher Außenpolitik für die unterschiedlichen Zielvarianten von unterschiedlichem Nutzen ist. Solange es um die Durchsetzung konkreter Einzelinteressen handelt, um so besser und aussichtsreicher sind die Instrumentarien. Auch für bestimmte negative Politikziele - von einer Druckausübung auf eine fremde Regierung bis hin zu ihrem Sturz - mag das Instrumentarium noch tauglich sein, insbesondere durch eine Verknüpfung politischer mit ökonomischen und militärischen bzw. geheimdienstlichen Mitteln - wenn man die dann oft fragliche Legalität der Maßnahmen einmal unbeachtet läßt. Aber je stärker sich die Politikziele auf eine gestaltende Umorientierung fremder Innenpolitik oder gesellschaftlicher Verhältnisse richten, um so komplexer und schwieriger wird die Aufgabe und um so weniger tauglich ist das existierende Instrumentarium. Dies zeigt sich gegenwärtig in besonderer Schärfe angesichts des aktuellen Umbruchsprozesses im Nahen und Mittleren Osten.

 

Probleme politisch-militärischer Umgestaltung fremder Gesellschaften

Oben wurde bereits darauf hingewiesen, daß die politischen Ziele westlicher Länder von der Verfolgung von Einzelinteressen wirtschaftlicher, politischer und sicherheitspolitischer Art bis zu regime change und der Umgestaltung ganzer Gesellschaften reichen. Das ist alles andere als selbstverständlich. Klassische Außenpolitik erfolgte zwischen gleichsam souveränen Regierungen - zumindest seit dem Westfälischen Frieden, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. Seitdem - bis zur Verabschiedung der UNO-Charta - wurde das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines fremden Staates schrittweise immer stärker zum allgemein akzeptierten Prinzip der Internationalen Politik, schließlich auch zu einem Grundpfeiler des Völkerrechts. Artikel 2 der UNO-Charta spricht von "der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder" und schließt eine Zuständigkeit in "Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören" aus. In der politischen Realität allerdings kam es seit frühester Zeit bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder zu Praktiken von regime change oder gar der Umgestaltung fremder Gesellschaften - selbst in der Antike betrieb Athen gewaltsame Demokratisierungspolitik, falls man trotz des Ausschlusses von Frauen und Sklaven von Demokratie sprechen möchte. Die Sowjetunion forcierte nach dem Zweiten Weltkrieg in ihrem Machtbereich einen aggressiven Modellexport, um etwa die osteuropäischen Gesellschaften an das eigene Vorbild anzupassen. Und dem Anspruch nach, wenn auch zum Teil in milderer Form - Ausnahmen waren die Politik des Umsturzes in Nicaragua durch Präsident Reagan und die Eroberung des Irak unter George W. Bush - formulierten auch US-Präsidenten wie Reagan, Clinton und Bush Politiken der Einflußnahme auf und eine Umgestaltung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dritter Länder. Die US-Neokonservativen machten dies gar zu ihrem wichtigsten Markenzeichen.

Nun ist es schwierig, die Stärkung und Ausbreitung von Demokratie in der Welt nicht mit Sympathie zu betrachten. Als staatliches Politikziel allerdings wirft es einige grundsätzliche Fragen auf, z.B. die Legitimität und Legalität eines politischen Modellexports durch Staaten im Allgemeinen. Auch die Tendenz, das prinzipielle Gebot der Nichteinmischung selektiv zu umgehen, wenn wir die normative Rechtfertigung einer Politik teilen, ist auf einer allgemeinen Ebene nicht unproblematisch: Wenn etwa umgekehrt ein religiös geprägtes Regime staatlicherseits versuchen würde, sein politisch-ideologisches System nach Deutschland zu exportieren, würde dies sicher zu Recht auf Skepsis treffen. Eines der Probleme besteht darin, daß solche Formen der Einflußnahme in fremden Gesellschaften in der Regel nur mächtigen gegen weniger mächtige Länder möglich sind. Diese Fragen können allerdings hier nicht vertieft werden.

Es bleibt aber festzuhalten, daß die traditionelle Trennung von Außenpolitik und gesellschaftlichen Verhältnissen sich aufgelöst hat. Dies gilt einerseits für den Input von Außenpolitik, der aufgrund der schrittweisen Einbeziehung der Bevölkerung in den politischen Prozeß in den letzten beiden Jahrhunderten zunehmend innenpolitisch beeinflußt wird - aber auch für ihre externe Dimension, die über intergouvernementalen und zwischenstaatlichen Austausch heute weit hinausreicht. Dabei sollte man allerdings nicht annehmen, daß die Ziele einer Umgestaltung fremder gesellschaftlicher oder politischer Verhältnisse (etwa zur Demokratisierung) primär ideologisch oder altruistisch determiniert wären. Tatsächlich werden Staaten extrem selten eine wertebasierte Politik über längere Zeit und mit hohem Aufwand betreiben, die den eigenen Interessen widerspricht. Dies gilt selbst dann, wenn manche Akteure ihre ideologischen Überzeugungen durchaus ernst nehmen mögen.

Ein offensichtliches Problem besteht darin, daß ein Politikziel der Änderung fremder politischer Systeme oder gesellschaftlicher Verhältnisse weniger leicht erfolgreich betrieben werden kann als intergouvernementale Politik.

Die Struktur dieses Problems der Einflußnahme bis zu einer erstrebten Umgestaltung fremder politischer und gesellschaftlicher Verhältnisse soll an vier Politiktypen illustriert werden: (a) an Versuchen, im Rahmen von modernen Counterinsurgency-Kampagnen durch Reformen eines Regimes einen drohenden oder akuten Aufstand zu bekämpfen, (b) am politisch-gesellschaftlichen Wiederaufbau eine Landes nach Regime Change oder im Kontext gescheiterter Staaten, (c) an Versuchen, ohne kriegerische Mittel einen Regime Change in Drittstaaten zu bewirken, und (d) an der friedlichen Unterstützung von Reformen ohne einen angestrebten Regimewechsel.

 

1. Counterinsurgency

Counterinsurgency - Aufstandsbekämpfung - erfolgt in der Regel, wenn eine politisch-militärische Aufstandsbewegung eine Regierung bedroht und ihren Sturz oder wesentliche Schwächung erstrebt. Zu ihr gehören alle Maßnahmen, die von der Regierung und ihren eventuellen ausländischen Partnern unternommen werden, um diese Bewegung einzudämmen und zu schlagen. Dabei kommt in der Regel eine Mischung ziviler und militärischer Maßnahmen zur Anwendung, die sich im letzten Jahrhundert bewährt haben. Hier ist nicht der Ort, um die historische Herausbildung des modernen, westlichen Konzepts von Counterinsurgency nachzuvollziehen. Dies ist an anderer Stelle bereits geschehen.

Die aktuelle Konzeption von Counterinsurgency westlicher Staaten läßt sich vereinfacht so zusammenfassen:

  • Ein Grundproblem besteht darin, daß die gegnerischen Kämpfer häufig nicht von der örtlichen Zivilbevölkerung zu unterscheiden sind, daß sie sogar häufig aus deren Mitte heraus operieren und von ihr oder Teilen unterstützt werden. Daraus folgt, daß das Militär seine in der Regel weit überlegene personelle Stärke und Feuerkraft nicht einsetzen kann, ohne die Bevölkerung selbst zum Opfer ihrer militärischen Übermacht zu machen. Dadurch allerdings würden die Regierung delegitimiert und die Aufständischen politisch gestärkt.
  • Aus diesen und anderen Gründen können Counterinsurgency-Kampagnen kaum jemals militärisch gewonnen werden. Viele Aufstandsbekämpfer haben fast alle militärischen Schlachten gewonnen, den Krieg aber letztlich politisch verloren - wie die USA in Vietnam und die Sowjetunion in Afghanistan feststellen mußten. Deshalb ist militärische Überlegenheit zwar taktisch nützlich, strategisch aber weitgehend bedeutungslos.
  • Letztlich entscheidet sich der Erfolg von Aufständen und Aufstandsbekämpfung politisch, nicht militärisch. Im Kern handelt es sich um eine Auseinandersetzung um die Loyalität der Bevölkerung zwischen der Regierung und den Aufständischen. Das ist gemeint, wenn häufig die Rede davon ist, daß Aufstandsbekämpfer die hearts and minds der Bevölkerung gewinnen müssen - dies ist der einzige Weg, die Aufständischen daran zu hindern, sich wie "Fische im Wasser" in der Bevölkerung zu bewegen.
  • Ein zentrales Ziel von Counterinsurgency besteht darin, die Bevölkerung und die Aufständischen zu trennen - politisch-psychologisch oder physisch. Erst wenn die Aufständischen von der Bevölkerung isoliert sind, können sie wirkungsvoll bekämpft werden.
  • Mit den beiden letzten Punkten eng verbunden ist das Bemühen, die Legitimität der Regierung zu stärken oder erst legitime Regierungsstrukturen zustandezubringen. Das Feldhandbuch "Counterinsurgency" der US-Army und des Marine Corps formuliert diesen Punkt in großer Klarheit: „The primary objective of any COIN (Counterinsurgency; JH) operation is to foster development of effective governance by a legitimate government […]. A COIN effort cannot achieve lasting success without the HN (host nation; JH) government achieving legitimacy“.
  • Aus der Sicht des US-Militärs (und anderer, die diese Konzepte zunehmend adaptieren) erfolgt Counterinsurgency in drei Stufen, die als clear, hold and build bezeichnet werden. Danach soll eine begrenzte Region zuerst militärisch von Aufständischen "gesäubert" werden, was durch deren Vernichtung oder Vertreibung zu erreichen ist. Im Gegensatz zu früheren Vorstellungen eines search and destroy solle diese Region danach allerdings nicht geräumt, um in einer anderen Gegend erneute Säuberungsoperationen durchzuführen, sondern vom Militär weiter gehalten werden. Der Zweck dieser personalintensiven Taktik liegt im schrittweisen Übergang zum Aufbau funktionierender und legitimer Regierungsstrukturen und von Infrastruktur, wodurch die Bevölkerung gewonnen und politisch an die Regierung gebunden werden soll. Bei Versuchen der Aufständischen, die Region erneut zu infiltrieren, würden dann die Bevölkerung, die zivilen Behörden und das Militär wie die Polizei ihnen gemeinsam entgegentreten - so die Hoffnung der Aufstandsbekämpfer.

Zusammengenommen wird deutlich, daß Counterinsurgency - selbst aus Sicht des Militärs - keine primär militärische, sondern vor allem eine politische Angelegenheit ist, die allerdings militärisch abgesichert und flankiert wird. Ihr Kern besteht aus zwei grundlegenden Herangehensweisen: Einmal im Versuch, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen und diese von den Aufständischen zu trennen, und zweitens darin, legitime und wirksame Staatlichkeit zu etablieren. Beides hängt eng zusammen: Loyalität entsteht nicht, wenn sich eine Regierung oder externe Unterstützer allein auf die Bereitstellung sozialer Dienstleistungen oder wirtschaftlicher Infrastruktur beschränken (z.B. Krankenhäuser, Schulen, Straßen, Energieversorgung). All dies ist sicher sinnvoll und nützlich - aber ob es im Rahmen eines Befriedungsprogramms zur Loyalitätsgewinnung wirkt oder nicht, hängt vor allem davon ab, ob diese Wohltaten im Rahmen einer als legitim empfundenen Staatlichkeit erfolgen. Bestechung - auch die ganzer Gesellschaften - mag eine Zeit lang ihren Zweck der Beruhigung erfüllen, aber Loyalität entsteht so nicht. Es kommt eher zu Mitnahmeeffekten: Auch von einer korrupten, repressiven und verhaßten Regierung oder von ausländischen Akteuren nimmt man eine bessere Gesundheitsversorgung an - allerdings führt dies kaum zu größerer Sympathie oder gar Loyalität, solange sie korrupt und repressiv bleibt oder die Ausländer als Besatzer empfunden werden. Der entscheidende Punkt besteht demgegenüber in der Gewährleistung dessen, was das Field Manual der US Army als "effective governance by a legitimate government" bezeichnete. Erst wenn diese existiert, wird die zusätzliche Gewährleistung sozialer und wirtschaftlicher Infrastruktur zur Entwicklung und Stärkung von Loyalität beitragen. Soll eine Regierung ihrer Gesellschaft als legitim erscheinen, darf sie nicht als Fremdkörper im Interesse kleiner Minderheiten (oder ausländischer Regierungen) operieren. Zentral ist insbesondere ein funktionierendes und faires Rechtswesen (Polizei und Justiz).

Es ist offensichtlich, daß diese beiden Aufgaben (Herstellung der Loyalität der Bevölkerung und von Legitimität von Staatlichkeit) kaum vom Militär bewältigt werden können, das sich zwar bemühen kann, die sicherheitspolitischen Voraussetzungen dafür zu gewährleisten und Zeit zu gewinnen, aber kaum über die Möglichkeiten verfügt, sie selbst zu bewältigen. Das gilt umso mehr, wenn das Militär aus einem anderen Land stammt, etwa aus den USA oder Deutschland. Auch die Mittel der Diplomatie sind nur sehr eingeschränkt geeignet, diese beiden Ziele zu erreichen. Die klassische Diplomatie kann intergouvernementale Kommunikation zwar zur Überzeugung oder Überredung einer Partnerregierung einsetzen, aber die Umgestaltung einer fremden Gesellschaft oder Reform eines Drittstaates sind für sie kaum eine realistische Aufgabe.

Am ehesten sollte noch die Entwicklungspolitik über entsprechende Mittel verfügen - aber auch hier weist das Instrumentarium entscheidende Lücken auf: Ihre Stärke liegt in der Bereitstellung sozialer und wirtschaftlicher Infrastruktur, aber diese führt ja nicht von selbst zur Loyalität der Bevölkerung oder der Legitimität der Regierung. Die - potentielle - Wirksamkeit entwicklungspolitischer Maßnahmen in diesen beiden Schlüsselbereichen hängt von Faktoren ab, die die Entwicklungspolitik selbst nicht kontrollieren kann; darauf wird zurückzukommen sein.

 

2. Politisch-gesellschaftlicher Wiederaufbau nach Regime Change oder gescheiterter Staatlichkeit

Counterinsurgency-Kampagnen setzen zumindest prinzipiell die Existenz einer Regierung bzw. eines Staates voraus, gegen die sich ein Aufstand richten könnte. Ein völlig anderer politischer Rahmen ergibt sich, wo diese Voraussetzung ganz oder sehr überwiegend fehlt, also ein funktionierender Staat nicht (mehr) existiert oder zerschlagen wurde. Entscheidend dabei ist die Realität von Staatlichkeit, nicht deren oft lange weiter bestehende juristische oder rhetorische Fiktion. Es kommt also nicht darauf an, ob es weiter Instanzen gibt, die sich z.B. "Ministerien" oder "Präsident" nennen, sondern ob diese tatsächlich staatliche Funktionen ausüben. In den Fällen Somalias oder anderer wird deutlich, daß dies nicht selbstverständlich ist. Wo wirksame Staatlichkeit also fehlt oder nur in rudimentärer Form vorhanden ist, kann eine Strategie ihrer Unterstützung kaum im Zentrum der Politik stehen. Dieses Problem besteht in zumindest zwei Situationen: Wenn ein lokaler Staat aufgrund interner Bedingungen gescheitert ist, wie in Somalia, Afghanistan oder einer Reihe afrikanischer Länder, oder wenn im Zuge eines extern bewirkten Regimewechsels absichtlich oder unabsichtlich nicht nur eine Regierung oder ein Regime, sondern der Staat insgesamt zerschlagen wurde oder als Folge des regime change zusammenbrach - wie in Afghanistan (wo Staatlichkeit ohnehin schwach ausgeprägt war) nach dem Sturz der Taliban und dem Irak nach dem Saddam Husseins.

In solchen Fällen bleibt externen Interventen - wenn sie sich trotzdem zur Intervention entschieden haben oder der staatliche Zusammenbruch die Folge ihrer Intervention ist - kaum eine andere Wahl, als (a) zeitweise selbst staatliche Funktionen im betroffenen Land wahrzunehmen, bzw. (b) sich darum zu bemühen, eine neue, einheimische Staatlichkeit aufzubauen oder aufbauen zu helfen. Damit sehen sie sich den gleichen Problemen konfrontiert wie im vorigen Szenario (Counterinsurgency), aber unter wesentlich erschwerten Bedingungen. Einen funktionierenden und legitimen Staatsapparat in einem fremden Land zu schaffen, dessen Sprache, Kultur und politischen Bruchlinien man möglicherweise - insbesondere zu Beginn - nicht oder nur oberflächlich kennt, ist noch wesentlich schwieriger, als einen defizitären Staat von außen zu unterstützen. Dehnt sich die Phase einer direkten ausländischen Verwaltung - etwa wie der US-Besatzungstruppen im Irak - zu lange aus, besteht die Gefahr, im Land als fremde Besatzer oder gar Quasi-Kolonialmacht wahrgenommen zu werden, unabhängig von den eigenen Intentionen. Politischer und gewaltsamer Widerstand werden dann zu einer realistischen Möglichkeit. Möchte man aber die politische Macht möglichst schnell an einheimische Kräfte übertragen, entstehen zwei unterschiedliche Probleme: Einmal werden die staatlichen Strukturen dann noch weitgehend fehlen oder sehr schwach sein - ein ineffizienter oder unfähiger Staat wird aber kaum in der Lage sein, das Vertrauen und die Loyalität der Bevölkerung für sich zu gewinnen oder es schnell verspielen.

Ein zweites Problem bei einer schnellen Übergabe der politischen Verantwortung kann darin bestehen, daß die externen Interventen politische und ökonomische Konkurrenz zwischen einheimischen Gruppen auslösen oder verschärfen und so zu einer Fragmentierung von Politik und Gesellschaft beitragen. Das die ausländischen Interventen oder Besatzer ja schnell lokale Kräfte (Politiker, Parteien, organisierte Gruppen) brauchen, an die sie die Macht übergeben können, lösen sie notwendigerweise eine Konkurrenz solcher Kräfte um den Machtzugang aus. Häufig verfügen failed states oder Länder nach einem extern verursachten regime change über ein unentwickeltes oder fragmentiertes politisches System, z.B. über keine in der Gesellschaft verankerten politischen Parteien, oder nur über die Reste einer früheren Staatspartei, der eine atomisierte oder fragmentierte Gesellschaft gegenübersteht. Dann fehlen im fraglichen Land nicht allein eine funktionierende Staatlichkeit, sondern auch andere gesellschaftliche Organisationsformen, die zur Entwicklung von Staatlichkeit beitragen könnten. Wie und an wen die Macht in solchen Fällen übergeben werden könnte, ist oft nicht zu erkennen. Das Ergebnis - wie Afghanistan oder der Irak demonstrierten - bestand darin, wenig verankerte Führungsfiguren zu etablieren, die dann erst versuchen müssen, sich selbst eine Basis in der Gesellschaft zu schaffen. Dies eröffnet eine ganze Reihe von Problemen: So können diese schwachen Akteure versuchen, den noch rudimentären Staatsapparat zur persönlichen oder gruppenspezifischen Machtsicherung zu instrumentalisieren; oder sie statten lokale Gewaltakteure (warlords, Milizen, etc.) mit staatlichen Funktionen aus, was beides den staatlichen Charakter des Staates untergräbt und ihn quasi privatisiert. Oder sie versuchen, sich durch die Forcierung ethnischer oder ethno-religiöser Identitäten eine Basis zu verschaffen, was Fragmentierung begünstigt und den Staat in ethnische Konflikte hineinzieht. Solche Prozesse untergraben nicht nur state building und Nation-Building, sondern drohen auch, die externen Interventen in lokale Auseinandersetzungen hineinzuziehen, die sie weder überblicken noch bewältigen können. Zusätzlich bestehen die Probleme, die im letzten Abschnitt (Counterinsurgency) beschrieben wurden.

Aber selbst wenn ausländische Akteure zum Zwecke oder nach einem Regime Change nicht militärisch intervenieren, können die Probleme zur Unterstützung des internen Wandels beträchtlich sein. Libyen könnte sich hier als neues Beispiel erweisen, wo die Entsendung von Bodentruppen ja zumindest bisher nicht geplant wird. Entgegen einer verbreiteten Ansicht kann es bei weitem nicht ausreichen, die Regierung auszuwechseln und nunmehr demokratisch zu führen, oder eben einen Übergang von Diktatur zur Demokratie zu organisieren. Tatsächlich bestehen zwei miteinander verbundene Probleme: Einmal ist Staatlichkeit trotz der jahrzehntelangen Diktatur nur rudimentär entwickelt. Die offiziellen staatlichen Strukturen waren für entscheidende Fragen der libyschen Politik und Ökonomie überhaupt nicht zuständig bzw. irrelevant, etwa für die Ölindustrie, die Sicherheits- und Außenpolitik. Hier bestanden jenseits und außerhalb des Staates informelle Entscheidungsstrukturen, die um Muammar Ghaddafi und seine Vertrauten gruppiert blieben. Daneben bestanden und bestehen wichtige Macht- und Einflußstrukturen auf tribaler Ebene, also ebenfalls außerhalb des Staates, oft auch außerhalb der informellen „revolutionären“ Strukturen Ghaddafis. Die Tatsache, daß die formelle staatliche und die beiden informellen Ebenen miteinander interagierten und sich z.T. überlappten, ändert nichts daran, daß dieses Nebeneinander dem Staat nie die Chance ließ, sich politisch und administrativ zu entfalten. Die Sprunghaftigkeit und Unberechenbarkeit der Politik Ghaddafis hatte hier gerade ihren rationalen Kern: Sie diente dazu, den Staat immer wieder zu verunsichern, aufzubrechen und an der Übernahme einer entscheidenden politisch-administrativen Rolle zu hindern. So konnte die Macht der informellen Netzwerke über Staat und Gesellschaft gesichert werden – der Preis lag allerdings in der Verhinderung einer Herausbildung funktionierender – und erst Recht legitimer – Staatlichkeit. Die zentrale Aufgabe nach dem Sturz der Diktatur liegt deshalb nicht so sehr im schlichten Übergang von Diktatur zur Demokratie, sondern zuerst im Aufbau eines funktionierenden Staates, der nicht nur Spielball und Instrument informeller Cliquen ist. Diese Schlüsselaufgabe wird über die Zukunft Libyens entscheiden, nicht der bloße Sturz der Diktatur, der nur ein erster und notwendiger Schritt sein kann. Sie wird allerdings dadurch extrem erschwert, daß es in der libyschen Gesellschaft und Politik nur scheinbar eine Machtalternative zum Ghaddafi-Regime gab und gibt. Der Übergangsrat wird diese Funktion vermutlich nur kurzzeitig wahrnehmen können, da er unter beträchtlichen inneren Widersprüchen leidet und nicht einmal die Aufständischen insgesamt, geschweige denn die libysche Gesellschaft repräsentiert. Die zahlreichen regionalen, stammespolitischen, politisch-religiösen und anderen Differenzen in der libyschen Gesellschaft dürften sich nach dem Sturz der Diktatur schrittweise verschärfen – die Gefahr einer Fragmentierung der Gesellschaft ist beträchtlich. Dringlich wäre hier eine soziale Integration der libyschen Gesellschaft und ihrer zahlreichen Elemente, die eigentlich die Aufgabe eines repräsentativen Staatsapparates wäre. Ein solcher existiert allerdings nicht, und sein Aufbau dürfte unter den skizzierten Bedingungen der Fragmentierungsgefahr höchst schwierig werden.

Insgesamt sollte erkennbar sein, daß externe Beiträge zur Umgestaltung des Landes (erst Recht zu seiner Demokratisierung) zwar höchst wünschenswert, aber ebenso schwierig sind und mit großer Behutsamkeit unternommen werden müßten, um das Land nicht zusätzlich zu destabilisieren.

 

3. Regime Change ohne Krieg?

In einigen Ländern – vor allem bezogen auf Syrien, unter anderen Bedingungen aber auch auf den Iran – stellt sich die Frage, wie das erklärte oder implizite Politikziel eines Regimewechsels erreicht werden kann, wenn man militärische Mittel - mit gutem Grund - ausschließt. Dabei ist nicht immer klar, ob öffentliche Erklärungen, einen Regierungs- oder Regimewechsel anzustreben, tatsächlich die Politik anleiten, oder in welchem Maße das Bedürfnis nach regionaler Stabilität hier mäßigend wirkt. Besonders deutlich ist dies bezüglich Syriens, wo westliche Länder erst nach längerem Zögern den Rücktritt des Präsidenten forderten, zugleich aber Sorgen vor einer Destabilisierung des Landes und deren Folgen für die regionale Stabilität haben. Bisher scheint nicht geklärt, ob das Interesse an regionaler Stabilität oder an einem Regimewechsel die Politik bestimmt. In beiden Fällen allerdings haben die westlichen Länder den Einsatz militärischer Mittel bisher grundsätzlich ausgeschlossen – obwohl die Brutalität des Regimes bei der Niederschlagung des Aufstandes sich nicht erkennbar von der in Libyen unterscheidet. (Der Unterschied besteht darin, daß die Opposition weitgehend unbewaffnet ist und es deshalb bisher nicht zu einem Bürgerkrieg kam.)

Unterstellen wir hier, daß die Forderungen nach einem Regimewechsel bezogen auf Syrien ernst gemeint sind, dann stellt sich die Frage, wie dieser erreicht werden soll. In etwas milderer Form stellt sich allerdings die gleiche Frage, falls das Politikziel nur in einer grundlegenden Verhaltensänderung des syrischen Regimes bestehen sollte.

Es ist leicht erkennbar, daß diplomatische Mittel zur Zielerreichung teilweise – zumindest vorläufig – erschöpft sind, zum Teil aber auch nur zögernd eingesetzt werden. So wurden entsprechende türkische Initiativen kaum aus der EU und Nordamerika unterstützt – was darauf hindeuten kann, daß ein Regimewechsel tatsächlich mehr als nur Rhetorik ist. Darüber hinaus spielt die Unterstützung der syrischen Zivilgesellschaft in der Absicht einer Reform oder Neuorientierung des Landes faktisch keine relevante Rolle, da das syrische Regime dies schon in der Vergangenheit stark behinderte oder unterband. Sanktionen konzentrieren sich bisher auf Reiseverbote und das Einfrieren von Bankkonten syrischer Spitzenpolitiker durch einige Länder. Auch die eigentlich beabsichtigte Entwicklung engerer Wirtschaftsbeziehungen mit Syrien durch die EU wurde auf Eis gelegt. Ob es zu einem Ölboykott gegen Syrien kommen wird, ist gegenwärtig noch offen. Ein Einsatz entwicklungspolitischer Mittel zur Förderung des Regimewechsels ist nicht erkennbar und scheint auch nicht realistisch. Ähnliches gilt für die Auswärtige Kulturpolitik und Public Diplomacy. Militärischer Zwang gegen Syrien, darauf wurde hingewiesen, ist bisher weder erfolgt noch beabsichtigt.

Aus der Sicht des syrischen Regimes geht es gegenwärtig nicht um einzelne, punktuelle Veränderungen, sondern um die eigene Existenz. Deshalb sind Kompromisse oder Zugeständnisse schwierig, da sie zu einer Erosion der eigenen Machtgrundlagen führen könnten. Präsident Assad hat sich offensichtlich für eine Strategie der rücksichtslosen Repression entschieden, die die Opposition nicht an sich binden und in das System integrieren, sondern durch brutale Gewalt einschüchtern und lähmen möchte. Solange die Sicherheitsapparate dabei geschlossen hinter ihm stehen und er kaum Rücksicht auf eine öffentliche Meinung nehmen muß, ist ein Erfolg seiner Strategie nicht ausgeschlossen. Gelegentliche Äußerungen eines Entgegenkommens blieben selten, vage, und bisher ohne Folgen – und zielen damit wohl mehr auf seine verbliebene soziale Basis als auf die Opposition.

Die Strategie der massiven Repression – bis hin zum staatlichen Terror – ist für Syrien nicht neu. Bereits 1982 schlug das Regime einen damals regional begrenzten Aufstand in der Stadt Hama mit beispielloser Brutalität nieder, indem Panzer und Artillerie gegen die Zivilbevölkerung und Aufständische im Stadtzentrum eingesetzt wurden – die Zahl der Opfer ist nicht bekannt, häufig schätzt man sie auf 20.000 Tote. Das damalige Massaker führte dazu, daß in Syrien für eine Generation Friedhofshohe herrschte.

Insgesamt ist die Konstellation wenig ermutigend. Die den westlichen (und anderen) Ländern zur Verfügung stehenden politischen Mittel, zu einer Verbesserung der Lage – und dem Ziel eines Systemwechsels – beizutragen, sind gering und überwiegend bereits ausgereizt. Sollte man in Zukunft den Einsatz von Militär gegen Syrien doch noch in Erwägung ziehen, würde das die humanitäre und politische Situation eher noch erschweren, zumindest kurz und mittelfristig - und die Folgen für die Zukunft des Landes und die regionale Stabilität wären nicht absehbar. Zugleich geht es für die westlichen Länder primär um „weiche“, etwa wertebasierte Interessen (humanitärer und menschenrechtlicher Art), während die „harten“ (etwa die Ölversorgung) entweder gering sind, oder sogar einer Konfrontation im Wege stehen – etwa wegen des Interesses an regionaler Stabilität. Auch die regionalen Rahmenbedingungen erschweren einen politischen Erfolg: Als Folge der Überdehnung der UNO-Sicherheitsresolution 1973 bezüglich Libyens durch eine Koalition der Willigen und andere Erwägungen brachten Rußland, China, aber auch Länder wie Brasilien, Südafrika und andere dazu, bezüglich Syrien mit offener Verurteilung sehr vorsichtig zu sein. Anders ausgedrückt: Die westlichen Interessen sind bezogen auf Syrien widersprüchlich, die westliche Politik deshalb von einer gewissen Vorsicht und Zurückhaltung geprägt, während man zugleich in Bezug auf die deklarierten politischen Ziele kaum über wirkungsvolle Instrumente verfügt. Umgekehrt geht es für das syrische Regime um seine Existenz, um alles oder nichts – weshalb die Bereitschaft zum Kompromiß oder Einlenken extrem gering ist. Eine solche Konstellation bietet kaum einen Ansatzpunkt für die Durchsetzung wertebasierter, westlicher Politikziele. Die Entscheidung über die Zukunft Syriens wird in seiner Innenpolitik fallen.

 

4. Unterstützung von Reformen ohne Regime Change

Schließlich sieht sich westliche Politik auch einer Kategorie von Ländern gegenüber, in der Regime Change nicht beabsichtigt ist. Dies trifft auf drei Situationen zu: Einmal Tunesien und Ägypten, wo ohne westliche Unterstützung eine politische Umwälzung aufgrund der Mobilisierung des Bevölkerung in Gang kam, auch wenn das Ergebnis noch nicht prognostiziert werden kann. Zweitens gibt es Länder wie Marokko und Jordanien, in denen die Regime ihre Legitimität noch nicht ganz verloren haben, und in denen die Regierungen sich bemühen, durch begrenzte Reformen von Oben einer Massenmobilisierung vorzubeugen. Auch hier sieht westliche Politik ihre Rolle inzwischen in einer Unterstützung der Reformen. Schließlich gibt es noch Länder wie Saudi Arabien, Bahrain oder die Vereinigten Arabischen Emirate, in denen die jeweiligen Regierungen Reformen verweigern oder für nicht erforderlich halten, und teilweise mit Gewalt, teilweise mit wirtschaftlichen Anreizen auf Proteste reagieren – und die westliche Politik trotzdem keinen Regierungs- oder Regimewechsel verlangt und selbst mit politischen Reformforderungen sehr zurückhaltend ist.

In den ersten beiden Kategorien bieten sich Ansatzpunkte für ein konstruktives westliches Engagement. Wo in den Ländern selbst Reformanstrengungen unternommen werden – sei es durch Druck von Unten oder durch die Regierungen selbst – können diese von außen unterstützt werden. Dies erfolgt durch politisch-symbolische Akte, durch zivilgesellschaftliches Engagement, durch eine staatliche Förderung der örtlichen Zivilgesellschaft, durch Angebote, zu einer Verbesserung der Governance-Strukturen beizutragen, und durch Anstrengungen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Reformen zu verbessern. All dies ist sinnvoll und nützlich. Allerdings hängt die Wirksamkeit der Unterstützungsmaßnahmen in hohem Maße von den örtlichen Bedingungen ab – einerseits von der tatsächlichen Reformbereitschaft der dortigen Regierungen, auf die man sich nicht immer verlassen sollte, und zweitens vom politischen Druck und der Entwicklung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse vor Ort. Je geringer beides ausgeprägt ist, desto größer ist die Gefahr, daß ausländische Hilfe letztlich einen Beitrag zur Stabilisierung modifizierter autoritärer Regime leistet. Ein face-lifting des Autoritarismus ist aber etwas anderes als seine Reform, und diese wiederum unterscheidet sich grundlegend von seiner Überwindung. Hier sollte es für die westliche Politik darum gehen, die Unterstützung sorgfältig daraufhin zuzuschneiden, daß sie nicht denen nutzt, die unter dem Stichwort der „Reform“ ihre autoritären Regime retten und präsentabler machen wollen. Die Unterstützung der Reformländer unterscheidet sich oft von einer Unterstützung demokratischer, rechtsstaatlicher und partizipativer Überwindung der verkrusteten und autoritären Strukturen.

Darüber hinaus sollte nicht aus den Augen verloren werden, daß auch eine effektivere westliche Unterstützung selten direkt instrumentell zur Durchsetzung von Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit führen wird, sondern in der Regel nur zu erleichterten Rahmenbedingungen für die internen Auseinandersetzungen beiträgt. Sie ist dann sinnvoll, sollte aber in ihrer Wirksamkeit nicht überschätzt werden. Eine Verminderung der Schuldenlast Tunesiens und Ägyptens kann nicht direkt zu Demokratie führen – aber sie wird dazu beitragen, das gesellschaftliche Konfliktpotential in beiden Ländern graduell zu senken. Dies mag unter bestimmten Umständen den Regierungen helfen, internem Reformdruck auszuweichen, es kann aber auch dazu führen, den wirtschaftlichen Spielraum für Reformen zu erhöhen, wo diese ernsthaft betrieben werden. Die Entscheidung darüber fällt in den innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen, nicht in Berlin, Brüssel oder Washington. Die ausländische Politik oder Unterstützung verändert – in oft mäßigem Grad – nur die Rahmenbedingungen dieser Auseinandersetzungen, entscheidet sie aber sehr selten. Auch das muß bei der Konzeptionierung westlicher Politik berücksichtigt werden.

Die westliche Politik den reformunwilligen und zugleich prowestlichen Regimen der Region gegenüber – also etwa in Bezug auf Saudi Arabien, Bahrain und die Emirate – läßt immer noch wenig Willen zu gestaltendem Engagement erkennen, was an dem deutlichen Übergewicht wirtschaftlicher und politischer Interessen über die wertebasierten liegt. Energieversorgung, Handel und das Bedürfnis nach Stabilität werden hier wesentlich höher gewichtet als Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit. Der geplante Verkauf von 200 Leopard II Panzern an Saudi Arabien ist ein Beispiel dieses Tatbestands. Zugleich sind die Eingriffsmöglichkeiten westlicher Regierungen in manchen Fällen ausgesprochen gering – reiche Ölexporteure sind wirtschaftlich (und politisch) schwer unter Druck zu setzen, insbesondere wenn ein Druck im Ölsektor aus weltwirtschaftlichen Gründen und Eigeninteressen nicht ernsthaft in Frage kommt. Darüber hinaus sind in diesen Ländern bisher kaum gesellschaftlich relevante Reformakteure erkennbar, die man von außen unterstützen könnte – falls die Regime eine solche Politik überhaupt erlauben würden. Die Kombination dieser Faktoren erklärt, warum von einem westlichen Engagement zur Demokratisierung Saudi Arabiens oder der Vereinigten Arabischen Emirate bisher nicht einmal rhetorisch etwas zu bemerken ist. Allerdings: Das fehlende Reformengagement liegt erkennbar nicht allein an den geringen Ansatzpunkten, sondern auch an den eigenen politischen Interessen. So war es sicher nicht erforderlich, daß die Bundesregierung ausgerechnet das reformfeindliche Regime Saudi Arabiens öffentlich mehrfach zum "strategischen Partner" bei der Stabilisierung der Region erklärte - nur kurz nachdem diese Stabilisierungsfunktion durch eine Militärintervention zur brutalen Niederschlagung der Demokratiebewegung im benachbarten Bahrain wahrgenommen wurde. Vor diesem Hintergrund belegt der geplante Export von 200 Kampfpanzern nach Saudi Arabien nicht eben eine Unterstützung demokratischer Kräfte, sondern symbolisiert die Widersprüchlichkeit der Politik und die Fortführung einer pragmatischen Förderung diktatorischer Regime, wenn dies wirtschaftlichen oder sicherheitspolitischen Interessen zu dienen scheint.

 

Ausgangspunkte der Strategiebildung und Politikplanung im Zielland

Eine wirksame Einflußmöglichkeit auf die Länder des Nahen und Mittleren Ostens durch westliche Politik darf nicht einfach unterstellt oder vorausgesetzt werden. Sie kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Diese liegen in drei unterschiedlichen Bereichen:

  • auf der Ebene westlicher Politikformulierung und Implementierung; dazu wurde oben einiges gesagt.
  • auf der Ebene der Gesellschaft des jeweiligen Ziellandes; und
  • auf der Ebene des Staatsapparates des jeweiligen Ziellandes. Diese beiden Punkte wurden bisher eher implizit angesprochen.

Erst das Zusammenspiel dieser drei Faktorensysteme bestimmt, wie groß die Einflußmöglichkeit westlicher Politik ist, und auf welche Art sie am sinnvollsten zum tragen gebracht werden kann. Die beiden auf das Zielland bezogenen Ebenen sollen jetzt zusammenfassend skizziert werden.

 

Die Gesellschaft des Ziellandes

Einer der entscheidenden Bestimmungsfaktoren für die Wirkungschancen westlicher Politik jenseits der Diplomatie und insbesondere der Einflußnahme auf politische und gesellschaftliche Veränderungen liegt auf einer Ebene, die häufig zu wenig berücksichtigt oder ignoriert wird: Im Charakter der Gesellschaft des Ziellandes. Positive Anreize oder äußerer Druck wirken in unterschiedlichen Kontexten sehr unterschiedlich. Politische Mittel, die in einem Land wirken mögen, können in einem anderen folgenlos bleiben und in einem dritten gar den gegenteiligen Effekt haben - abhängig von der Struktur und den Dynamiken der Gesellschaft des Ziellandes. Deshalb müssen Entscheidungen über Strategien und Instrumente der Einflußnahme unter wesentlicher Berücksichtigung der Charakteristika der betroffenen Gesellschaft getroffen werden. Dabei gilt es zumindest sechs Faktoren einzubeziehen.

 

  • Die sozioökonomische Situation

Die Wirkungsweise äußeren Drucks oder wirtschaftlicher Sanktionen hängt u.a. von der sozioökonomischen Situation und deren politisch-psychologischen Auswirkungen vor Ort ab. Ob eine Gesellschaft wirtschaftlich entwickelt oder besonders arm, ob der Reichtum gleichmäßig verteilt ist, oder besonders tiefe Gräben zwischen Arm und Reich bestehen, wie hoch die Arbeitslosigkeit insgesamt und bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen (etwa Jugendlichen), wie scharf Verteilungskämpfe ausgeprägt sind, ob und ggf. welche sozialen Dienstleistungen welche Teile der Gesellschaft erreichen und wie die Menschen ihre wirtschaftliche Zukunftsperspektive einschätzen - dies und mehr prägt das gesellschaftliche Klima mit und sind wichtige Faktoren der gesellschaftlichen Zufriedenheit oder Unzufriedenheit. Häufig werden solche Fragen die Legitimität des politischen Systems positiv oder negativ beeinflussen. Auch der politische Spielraum der Regierung des Ziellandes wird mit dadurch bestimmt, ob das Land von sozialen Konflikten geprägt ist oder sozialer Friede herrscht, oder ob es prosperiert oder sich in einer Wirtschaftskrise befindet. Eine wohlhabende und funktionierende Volkswirtschaft wird stabiler sein als eine ohnehin krisengeschüttelte - die Menschen haben aber mehr zu verlieren. Auch die Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen hängen von solchen Faktoren ab: Wenn ein großer Teil der Bevölkerung ohnehin am Rande des Elends lebt, werden knappheitsbedingte Preissteigerungen diesen einschneidender treffen als wohlhabende Bevölkerungssektoren. All dies kann in hohem Maße auf die innenpolitische Dynamik zurückwirken, was wiederum über Erfolgsaussichten äußerer Einflußnahme mitbestimmt.

 

  • Der Grad des Reformdrucks aus der Gesellschaft

Der Erfolg externen Drängens auf Reformen oder Demokratisierung hängt zum großen Teil davon ab, ob solche Forderungen in der fraglichen Gesellschaft bereits stark verankert und ob die Träger dieser Forderungen politisch relevant und gut organisiert sind. Wenn demokratische Reformen bereits massiv aus der Gesellschaft heraus gefordert werden, kann deren politische, infrastrukturelle oder materielle Unterstützung einen Beitrag zur Veränderung leisten - wenn dies nicht der Fall ist, werden die Ergebnisse sich in engen Grenzen halten. Diese Voraussetzung wirksamer Demokratieförderung und Reformunterstützung kann nicht von außen geschaffen werden, sie muß im Land selbst vorhanden sein. Und in der Regel reicht ein vager Wunsch in Teilen der Bevölkerung nach mehr Freiheitsrechten und Rechtsstaatlichkeit als Ansatzpunkt nicht aus, insbesondere, wenn die politischen Eliten sich einem solchen Ansinnen widersetzen. Entscheidend ist, daß dieses Streben politisch organisiert ist, daß es also öffentlich artikuliert wird und sich zumindest auf starke Organisationskerne stützen kann, die aktiv für diese Ziele eintreten. Ohne diese Voraussetzung wird externes Drängen auf demokratische Reformen kaum über Deklarationen und symbolische Maßnahmen hinauskommen und von geringer Wirkung bleiben - unabhängig davon, ob es mit zivilen oder militärischen Mitteln betrieben wird.

 

  • Sozialstruktur und Zivilgesellschaft

Damit verknüpft ist die Frage der gesellschaftlichen Struktur im Zielland. Die Existenz breiter, wirtschaftlich selbstbewußter Mittelschichten (insbesondere in den Städten), ein relativ gutes Bildungsniveau und das Vorhandensein zivilgesellschaftlicher Organisationen erhöhen den Spielraum für demokratische Reformen, da solche Bedingungen das Potential für demokratische Bewegungen verbessern. Zwar sind breite Mittelschichten nicht automatisch Agenten demokratischen Wandels und höhere Bildung keine Garantie für demokratisches Bewußtsein, aber sie bieten doch bessere Ansatzpunkte für beides als sie in einer Gesellschaft bestehen, die zum größten Teil aus analphabetischen und ökonomisch marginalisierten Menschen besteht. Diese werden in der Regel mit der Sicherung ihrer physischen Lebensgrundlagen mehr als ausgelastet und deshalb kaum in der Lage sein, zum stabilen Träger politischer Umwälzungen zu werden. Das Entstehen und die Stabilisierung politischer Bewegungen - im Unterschied zu Warlords und ihren Milizen - setzt bestimmte kulturelle Fertigkeiten voraus (politische Artikulationsfähigkeit, Organisationskompetenz, Zugang zu und Beherrschung des Umgangs mit Massenmedien und modernen Kommunikationsformen), die am ehesten in den Mittelschichten vorhanden sind. Analphabeten am Rande des Existenzminimums schreiben keine politischen Manifeste und können die Vernetzungsmittel des Internets nicht nutzen.

 

  • Der Grad der Fragmentierung der Gesellschaft

Die Einwirkungsmöglichkeiten von außen hängen darüber hinaus davon ab, ob es sich beim Zielland um eine eher homogene, eine polarisierte oder fragmentierte Gesellschaft handelt. In allen Fällen mögen sich - wenn die anderen Faktoren günstig sind - Ansatzpunkte der Einflußnahme bieten. Aber wie bestimmte Maßnahmen wirken, ob sie nützlich sind, Konflikte zwischen Bevölkerungsgruppen verursachen oder verschärfen, das hängt auch von dieser Frage ab. Zivile oder militärische Intervention in ein Drittland bedeutet immer, daß die externen Interventen selbst zu einem Machtfaktor der dortigen Gesellschaft werden - und daß sie die dortigen Machtverhältnisse beeinflussen und verändern. Deshalb werden sie von manchen gesellschaftlichen Gruppen eher als Partner oder Unterstützer, von anderen als Gegner oder Bedrohung wahrgenommen. Dies führt zur Auslösung von gesellschaftlichen Dynamiken, die intendiert oder unintendiert sein können, auf jeden Fall bei der Konzeptionierung von Maßnahmen nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

 

  • Geschlossenheit der politischen und sozialen Eliten

Auch der Grad an Geschlossenheit der politischen und sozialen Eliten eines Landes stellt eine wichtige Determinante für externe Einflußnahme dar. Sind diese Eliten in Hinblick auf die äußere Einmischung und den Umgang mit der innenpolitischen Opposition einig und geschlossen, bieten sich deutlich weniger Ansatzpunkte zu demokratischer Reformpolitik von außen, als wenn diese Eliten sich über den einzuschlagenden Weg nicht einig sind. Der politische Spielraum der innergesellschaftlichen Reformopposition wie externer Förderer hängt zum großen Teil davon ab, ob sie in Teilen der gesellschaftlichen und politischen Elite (z.B. bei modernisierenden oder exportorientierten Unternehmern) Anknüpfungspunkte finden. Ein geschlossener Block einer reformfeindlichen Machtelite bietet wenig Möglichkeiten.

 

  • Grad und Art der Konflikteskalation

Schließlich hängen die Einwirkungsmöglichkeiten und Wirkungsweisen externer Einflußnahme noch davon ab, wie weit gesellschaftliche und politische Konflikte bereits eskaliert sind, ob sie schon die Gewaltschwelle überschritten haben, ob und wie sehr sich bereits eine Eigendynamik der Gewalt entfaltet hat. Dabei kommt es auf den Grad und auf die Art der lokalen Konflikt- und Gewaltdynamiken an. Je gewaltsamer politische Konflikte bereits ausgetragen werden, um so schwieriger ist in der Regel eine externe Politik zur Förderung weitreichender Reformen, weil Aufstände, Bürgerkriege oder systematischer Terrorismus eine eigene politische Logik zur Folge haben, die etwa einer Demokratisierung entgegensteht. Auch wird die Einsatzmöglichkeit ziviler Kräfte in einem gewaltsamen Umfeld wesentlich erschwert, deren Neutralität frag- und wenig glaubwürdig, während ausländische Soldaten verständlicherweise eher als Kriegspartei oder (mit einiger Verzögerung) gar Besatzer wahrgenommen werden können.

 

Der Staatsapparates des Ziellandes

Zentral für die Einflußmöglichkeiten und Gestaltungschancen innen- wie außenpolitischer Akteure sind Faktoren, die sich auf den Staatsapparat des betroffenen Landes beziehen. Diese liegen vor allem auf den folgenden Ebenen:
 

  • Reformengagement vs. Reformfeindlichkeit der Regierung

Es liegt auf der Hand, daß sich bei einer Politik der Unterstützung demokratischer, rechtsstaatlicher und partizipativer Reformen weitaus mehr Ansatzpunkte und Erfolgsaussichten bieten, wenn eine solche Politik von der Regierung aktiv betrieben oder zumindest nicht behindert wird. Ist das Gegenteil der Fall, ist externe Reformunterstützung wesentlich erschwert: Grundlegende gesellschaftliche Reformen – die ein Land nicht zugleich destabilisieren sollen – sind unter den besten Rahmenbedingungen schwierig. Wenn sie aber zugleich noch gegen die örtliche Regierung durchgesetzt werden müssen, potenzieren sich die Probleme. Die damalige Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz; heute giz) formulierte dies vor einigen Jahren so: "Eine gegen ihren [den der örtlichen Regierung; JH] Widerstand erfolgende Förderung von Good Governance verspricht wenig nachhaltigen Erfolg und steht ohnehin im Widerspruch zum Partnerschaftsprinzip deutscher Entwicklungspolitik." Dies mag wohl so sein - wirft dann aber um so mehr die Frage nach einer Strategie für eine staatliche Politik externer Demokratieförderung auf.

 

  • Effektivität des Staatsapparates

Dieser Faktor kann in beide Richtungen wirken: Einmal bietet die Förderung oder aktive Vorantreibung von Reformen durch eine Regierung zwar gute Ansatzpunkte einer Unterstützung durch externe Akteure – aber falls diese Regierung oder der von ihr geführte Staatsapparat inkompetent, desorganisiert, korrupt oder auf andere Arten von nur geringer Wirksamkeit ist, reduzieren sich diese Chancen beträchtlich. Umgekehrt ist der Widerstand durch einen schwachen und unwirksamen Staatsapparat weniger einschneidend als durch einen wirksamen und effizienten. Anders ausgedrückt: nicht nur die Intentionen einer Regierung sind von Bedeutung (voriger Punkt), sondern auch der Charakter der Staatlichkeit und die Wirksamkeit der staatlichen Strukturen. Tatsächlich kann die Schwäche oder ein Mangel an Staatlichkeit (im Extremfall bei failed states) für eine politische oder gesellschaftliche Reform ebenso lähmend wirken wie ein funktionierender, reformfeindlicher Staatsapparat – wenn auch auf andere Weise.

 

  • Legitimität des Staatsapparates bzw. der Regierung

Die politische Wirkungsmöglichkeit und Wirkungsweise externer Intervention hängt im gegebenen Fall aber nicht allein von der Politik der Regierung/eines Regimes im Zielland und von deren administrativen Fähigkeiten ab, sondern auch von seiner Legitimität in der eigenen Gesellschaft. Ein handlungsfähiger Staatsapparat, der in den Augen der eigenen Bevölkerung gut legitimiert ist, wird von außen nur schwer unter Druck zu setzen sein – ein unbeliebtes oder ein verhasstes Regime sind demgegenüber in einer schwierigeren Position, da es sich möglicherweise zugleich der Kritik aus der eigenen Gesellschaft wie aus dem Ausland erwehren muß. Allerdings kann eine solche Situation bei einer betroffenen Regierung durchaus zu einer Belagerungsmentalität (und einer Sicht, die interne Opposition sei „von außen gesteuert“) führen, was deren Positionen verhärtet.

 

  • Stellenwert des Konfliktes und Interessen der Regierung/des Regimes

Bedeutsam ist darüber hinaus die Erkenntnis, daß in unserem Kontext die Gewichtung des jeweiligen Politikkonflikts durch die Zielregierung und die eines westlichen Interventen in der Regel hochgradig asymmetrisch sind. In der Gesamtstruktur der innen- und außenpolitischen Interessen der USA oder Frankreichs beispielsweise mögen die Demokratieförderung in Tunesien oder die Kriege in Afghanistan oder Libyen zwar nicht nebensächlich sein, stehen aber sicher weit hinter vielen anderen außen- wie innenpolitischen Fragen zurück, etwa den transatlantischen Beziehungen, den Exportinteressen, der Wirtschafts- und Finanzpolitik oder einem Wahlkampf, um nur wenige zu nennen. Selbst regionale Kriege, darauf hat Rupert Smith zu Recht hingewiesen, werden durch die USA oder westeuropäische Länder inzwischen eher „nebenbei“ geführt – sie sollen und dürfen das normale wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zuhause keinesfalls ernsthaft beeinträchtigen. (Sehr anders als bei vielen früheren Krieges, etwa dem Zweiten Weltkrieg.) Um so stärker gilt diese Erwägung für Politiken unterhalb der Kriegsebene: Einzelne, gezielte Luftangriffe, Wirtschaftssanktionen, etc. Solche Politiken können aus Sicht westlicher Interventen gelegentlich durchaus lästig, schwierig oder problematisch sein (oder meist: irgendwann werden) – sie stellen aber kaum jemals eine existenzielle Bedrohung eines westlichen Landes oder politischen Systems dar. Genau das Umgekehrte gilt aber häufig für ein betroffenes Land des Nahen und Mittleren Ostens: Die Regime im Iran, Syrien, Bahrain, Yemen, Libyen und anderswo sind nicht allein in einer unerfreulichen und schwierigen Lage, sondern in ihrer Existenz bedroht. Saddam Hussein mußte erfahren, daß es nicht nur um seine Macht ging, sondern sogar um sein Leben. Hier muß sich westliche Politik positionieren:  Sie stellt die Regime und ihre Herrscher vor eine Situation des Alles-oder-Nichts, um einen wirklichen Neuanfang ins Zentrum der Politik zu rücken (ohne vielleicht über die Mittel zu verfügen, diesen wirklich zustandezubringen) und dadurch zugleich die Regime vor die Alternative, entweder zu kapitulieren oder bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Oder sie muß den Regimen etwas anbieten, das ihre Interessen berücksichtigt.

 

  • Die finanzielle Basis des Staates und der Regierung

Eine lokale Regierung kann externem Druck besser widerstehen, wenn sie materiell und insbesondere finanziell gesichert und unabhängig ist. Regime, die ohnehin am Tropf westlicher Wirtschafts- und Entwicklungshilfe hängen, sind – wenn alle anderen Faktoren gleich bleiben – dem Druck westlicher Geberländer viel stärker ausgesetzt als reiche Ölexporteure. Die Unempfindlichkeit einer Regierung gegen externen oder internen Druck wächst offensichtlich mit dem Umfang ihrer finanziellen Mittel, hängt aber auch stark davon ab, aus welchen Quellen diese Mittel stammen und wie sicher diese zukünftig sind. Renteneinnahmen aus dem Energieexport können Regierungen zum Teil vor gesellschaftlichem Druck abschirmen, da ihre beträchtlichen Einnahmen vor allem aus dem Ausland kommen, nicht der eigenen Gesellschaft. Man könnte überspitzt formulieren:  „No taxation, no representation!“ Das gilt in besonderem Maße für Länder mit geringer Bevölkerungszahl und hohen Ölrenten, also insbesondere die Länder am Südrand des Persischen Golfs (Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, etc.). Prinzipiell sollten externe Renteneinnahmen der Ölexporteure die fraglichen Länder stärker von äußerer Einflußnahme abhängig machen. Allerdings ist es angesichts der knapper werdenden Ölressourcen schwer vorstellbar, daß etwa die USA oder Europa sich weigern würden, Öl aus Saudi Arabien zu beziehen, um dort die Frauenrechte zu stärken. Die dann zweifellos dramatisch steigenden Ölpreise würden die Weltwirtschaft und auch die westlichen Länder so stark treffen, daß sich dieser Weg der Einflußnahme verbietet.

 

  • Grad der Kontrolle über den Sicherheitsapparat

Schließlich hängt die Möglichkeit der Einflußnahme gegenüber reformunwilligen Regimen sehr stark davon ab, in welchem Maße sie sich auf ihre eigenen Sicherheitsapparate verlassen können. Tunesien und Ägypten, und im Gegensinne Bahrain und Syrien haben demonstriert, daß der Erfolg von noch so breiten Massenmobilisierungen davon abhängt, daß die Machtapparate des Regimes sich entweder spalten, politisch nicht mehr in der Lages sind, gewaltsam gegen zivile Demonstranten vorzugehen, oder insgesamt auf die Seite der Opposition übergehen. Die Massendemonstrationen führen ja nicht zu einer direkten Übernahme der Macht durch die sie tragenden Kräfte, sondern zu politisch-ideologischem Druck auf die Machtapparate der Regime, die dem entweder politisch standhalten können oder nicht. Der gleiche Mechanismus wirkt natürlich analog bei Druck aus dem Ausland: Ein Regime ist weit leichter in der Lage, externen Druck zurückzuweisen, wenn es sich dadurch sicher im Sattel weiß, daß die gesamten heimischen Sicherheitsapparate geschlossen hinter ihm stehen. Bestehen hier Zweifel oder hat es – neben großen Teilen der Bevölkerung – auch Teile des eigenen Repressionsapparates politisch oder organisatorisch verloren, dann wird es möglicherweise eng und ein Regime muß ernsthaft darüber nachdenken, ob es durch Kompromißangebote einen Teil der Opposition für sich gewinnen kann, oder ob dies der erste Schritt zum Machtverlust wäre.

 

Auf den letzten Seiten haben wir eine Reihe der zentralen Faktoren betrachtet, die die Grenzen und Möglichkeiten externer Einflußnahme - insbesondere zur Demokratieförderung - determinieren und deshalb bei der Entscheidungsfindung, Politikplanung und -Implementierung berücksichtigt werden sollten. Dabei konnten nicht alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden - Fragen wie nach der jeweiligen politischen Kultur und andere wurden beispielsweise ausgespart. Die folgende Übersicht faßt die zentralen Punkte noch einmal zusammen:

 

Analysekriterien für die Wirkungsbedingungen externer Einflußnahme

im Zielland

im Akteursland

Gesellschaftliche Bedingungen

Staatliche Bedingungen

Strategie, Instrumente, Rahmenbedingungen

 

 

 

  • Sozioökonomische Situation und ihre politisch-psychologischen Folgen

Reformengagement vs. Reformfeindlichkeit der Regierung

Klarheit und Realismus der Zielhierarchie

  • Grad und Organisationsniveau des internen Reformdrucks

Effektivität des Staatsapparates

Angemessenheit und Wirksamkeit der Strategie und Ziel-Mittel-Relation

  • Sozialstruktur und Zivilgesellschaft

Legitimität des Staatsapparates und der Regierung

Verfügbarkeit der erforderlichen Instrumentarien

  • Grad der Fragmentierung, Polarisierung oder Homogenität

Stellenwert des Konfliktes und Interessen der Regierung/des Regimes

Innenpolitische und bündnispolitische Konstellationen

  • Geschlossenheit der politischen und ökonomischen Eliten

Finanzielle Stärke, Einkommensquelle und Unabhängigkeit des Staates und der Regierung

Grad des finanziellen, personellen und politischen Engagements

  • Grad und Art der innergesellschaftlichen Konflikt- bzw. ggf. Gewalteskalation

Grad der Kontrolle über die Sicherheitsapparate

Geschlossenheit und Koordinierung der westlichen/internationalen Akteure

 

Grenzen externer Reformförderung

Die Verfolgung außenpolitischer Interessen zur Förderung oder Durchsetzung umgrenzter und konkreter Ziele auf der intergouvernementalen Ebene stellt weder konzeptionell noch in Bezug auf die Instrumente eine grundlegende Herausforderung dar. Politisch-diplomatisch, sicherheits- und entwicklungspolitisch verfügt die Außenpolitik über reichhaltige Erfahrungen und ein bewährtes Instrumentarium. Zweifellos wird es von Fall zu Fall immer Bedarf an einer Wirkungssteigerung geben, etwa durch bessere Abstimmung und Koordination der verschiedenen Ministerien und anderen Akteure, durch angemessenere personelle und materielle Mittelausstattung, durch fine-tuning und Effektivierung der bestehende Abläufe und Verfahren und ähnliches. Insgesamt aber liegen Probleme hier eher auf der pragmatischen Ebene, nämlich der möglichst sinnvollen Anwendung eines an sich ausreichenden und wirksamen Instrumentariums.

Grundlegend anders sieht es allerdings aus, wenn die politischen Ziele über die intergouvernementale Kooperation hinausgehen und auf die Reform oder weitreichende Umgestaltung der Gesellschaft und politischen Systeme in Drittländern gerichtet sind. Hier bestehen grundlegende konzeptionelle und instrumentelle Defizite. Chickering/Coleman/Haley/Vargas-Baron bringen dies so auf den Punkt:

„While the state instruments that protected national security and fostered development for the past half-century remain important for a variety of purposes, they have limited capacity to promote many kinds of desirable changes inside other countries. This is especially true where institutions are weak and the need to promote development of societies is strong.”

Darüber hinaus ist oft nicht geklärt, ob die proklamierten Ziele überhaupt von außen realistisch und erreichbar sind.

Fassen wir die Probleme westlicher Außenpolitik gegenüber der Region des Nahen und Mittleren Ostens auf der strategischen Ebene noch einmal zusammen:

Das erste besteht in der Formulierung einer realistischen politischen Strategie. Dies liegt vor allem an der schwierigen Vereinbarkeit und oft Widersprüchlichkeit der ökonomischen, sicherheitspolitischen und Stabilitätsinteressen untereinander und mit den wertebasierten Zielen. Zwar sind Demokratie- und Menschenrechtsförderung prinzipiell besser mit den westlichen Politikdiskursen und Selbstperzeption vereinbar als die Unterstützung repressiver Diktatoren - aber wenn eine Demokratisierung nahöstlicher Länder die regionale Stabilität, die sichere oder erschwingliche Energieversorgung, den westlichen Einfluß, die sicherheitspolitische Dominanz, die Eindämmung von Massenvernichtungswaffen und andere harte Interessen gefährden könnte, verliert sie schnell an Attraktivität und wird auf rhetorische Formeln reduziert, die mit symbolischen Maßnahmen angereichert werden können. In solchen Fällen ist die geringe Wirksamkeit der Demokratie- und reformfördernden Politikinstrumente offensichtlich kein Problem, sondern tolerabel oder gar nützlich. Darüber hinaus wird die Formulierung wie Implementierung einer geschlossenen außenpolitischen Strategie gegenüber den Ländern der Region dadurch erschwert, daß innen- wie bündnispolitische Erwägungen häufig eine wichtige oder gar entscheidende Rolle spielen, die mit sinnvollen außenpolitischen Zielen oft kollidieren. Dazu kommt das Problem, daß häufig allgemeine und erstrebenswerte Ziele formuliert werden, ohne daß die Chance ihrer Realisierung im Zielland ernsthaft durchdacht geschweige denn gesichert wäre - Beispiele sind die Demokratisierung oder die Gleichstellung der Frauen in Afghanistan. Dies mag innenpolitisch - etwa zur Legitimierung einer breiter oder anders intendierten Politik - nützlich sein, führt außenpolitisch aber leicht in eine unhaltbare Position. Die Formulierung wohlklingender Wünsche und Hoffnungen ist kein Ersatz für klare und erreichbare Politikziele und sollte nicht mit ihnen verwechselt werden. Ohne realistische und streng definierte Politikziele ist die Entwicklung einer wirksamen Strategie nicht möglich, ohne eine solche wiederum wird Außenpolitik orientierungs- und hilflos. Darauf wurde zu Beginn des Papiers hingewiesen.

Zweitens bedarf eine Außenpolitik der strukturellen Reform in Drittländern bestimmter Voraussetzungen im Zielland, um wirksam werden zu können. Ambitionierte Programme der Umgestaltung einer fremden Gesellschaft und ihres politischen Systems haben nur Erfolgsaussichten, wenn sich im jeweiligen Land die Regierung und/oder starke gesellschaftliche Sektoren aktiv dafür engagieren. Die frühere gtz drückte das 2005 in einem Diskussionspapier so aus: "In der Kooperation mit Regierungen gilt es, reformorientierte Strömungen als Partner zu identifizieren und im Rahmen der staatlichen Reformbereitschaft attraktive Angebote zu formulieren."

Wenn dies möglich ist, also eine zu Reformen entschlossene Regierung besteht (oder Demokratie eine andere starke soziale Basis in der Gesellschaft hat), kann Unterstützung von außen einen wichtigen und wirksamen Beitrag leisten - wo diese Voraussetzung fehlt, ist die Erfolgschance gering. Dies sollte bei der Formulierung politischer Ziele wesentlich mit berücksichtigt werden. Diese politische Voraussetzung einer tragfähigen politischen Basis im Zielland kann auch kaum jemals von außen hergestellt werden. Dies war der Gegenstand des vorigen Kapitels.

Um eine Regierung von außen zu einer grundlegenden Demokratisierung, der Beachtung der Menschenrechte oder zu Rechtsstaatlichkeit zu bewegen, stehen prinzipiell zwei Wege zur Verfügung: Die Belohnung eines entsprechenden reformorientierten Verhaltens durch Gewährung politischer, materieller oder militärischer Vergünstigungen, möglicherweise verbunden mit Beratungsleistungen und der Stärkung ihrer administrativen Kompetenz und Kapazität (capacity building) - oder die Schaffung von politischen, militärischen oder materiellen Kosten (also eine Bestrafung) bei einer Reformverweigerung oder ungenügenden Reformanstrengungen. Auch die gleichzeitige Anwendung von Belohnung und Bestrafung (carrot and stick) ist denkbar. Oben wurde darauf hingewiesen, daß für die Kosten-Nutzen-Kalkulation der Zielregierung häufig die innergesellschaftlichen Auswirkungen der externen Belohnungs- und Bestrafungsmaßnahmen entscheidend sein können, weshalb die internen Bedingungen im Zielland eine strategische Bedeutung für externe Reformpolitik erhalten.

Allerdings: Sobald eine fremde Regierung die verlangten grundlegenden Reformen verweigert, entfällt die Möglichkeit der Belohnung, und die Politikoptionen reduzieren sich auf die Schaffung negativer Anreize, also Sanktionen und Strafmaßnahmen. Diese werden für die betroffene Regierung sicher unerfreulich sein, da sie politische oder materielle Nachteile erleidet. Dieser Tatbestand führt allerdings nicht automatisch zur erwünschten Verhaltensänderung (grundlegende Reformen), weil sie - soweit zweckrational agierender Akteur - diese Nachteile gegen jene abwägen wird, die ihr bei Befolgung der externen Forderungen entstehen. Dies kann vom Prestigeverlust über eine graduelle innenpolitische Schwächung bis zum völligen Machtverlust reichen. Mischen sich in diese zweckrationale Nachteilsabwägung zusätzlich psychologische oder ideologische Faktoren, muß dies in den Interessensabgleich einbezogen werden, ändert aber nichts am Grundproblem. Dabei liegt auf der Hand, daß die Wahrnehmung eigener Nachteile bei einer Reform um so größer sein wird, je durchgreifender sie verlangt wird. Begrenzte oder eher symbolische Reformen werden geringere politische Kosten verursachen als beispielsweise eine grundlegende Demokratisierung. Eine ohne Rücksicht auf die Gesetze oder die Bevölkerung handelnde Regierung wird bei einer durchgreifenden demokratischen Reform zumindest den eigenen Handlungsspielraum verlieren, da sie danach an rechtsstaatliche Regeln gebunden und der Bevölkerung bei Wahlen rechenschaftspflichtig wäre. Noch wahrscheinlicher wäre aber die Gefahr, die politische Macht völlig zu verlieren. Der syrische Präsident Assad oder die früheren tunesischen und ägyptischen Präsidenten dürften kaum Hoffnungen gehegt haben oder hegen, bei freien und fairen Wahlen wiedergewählt zu werden. Damit bleibt solchen Herrschern kaum eine andere Wahl, als den durch externen Druck oder Sanktionen angerichteten Schaden gegen den des eigenen Machtverlustes abzuwägen.

Da viele der diktatorischen Herrscher der Region - und vermutlich auch darüber hinaus - weit stärker an ihrem Eigeninteresse und dem ihres direkten Umfeldes interessiert sind als an denen der eigenen Gesellschaft, entscheiden sie sich in aller Regel dafür, die Sanktionen als Preis des Machterhalts in Kauf zu nehmen. Eng begrenzte oder symbolische Reformmaßnahmen oder Versprechungen ändern daran nichts. Falls in einer solchen Situation ein Sturz der Regierung durch innenpolitischen Druck nicht schnell gelingt - und das liegt nicht im Ermessen externer Akteure, falls sie nicht den höchst riskanten und in der Regel illegalen Weg eines militärischen Regime Change wählen - dann werden die verhängten Sanktionen und Strafmaßnahmen ihr Reformziel nicht erreichen, sondern nur zur Verhärtung des politischen Klimas im Zielland führen und evtl. ein Klima der Instabilität fördern. Genau dies liegt aber nicht in der Absicht der Strafmaßnahmen.

Eine andere Situation ergibt sich, wenn pro-westliche oder vom Westen abhängige Regime eine prinzipielle Reformbereitschaft signalisieren, also nicht mit einer grundsätzlichen Zurückweisung externer Reformvorschläge oder -verlangen reagieren, die Reformen aber trotzdem unterlassen oder hintertreiben. Klassische Beispiele dieses Problemtyps sind El Salvador in den 1980er Jahren und Afghanistan unter Präsident Karzai. Hierbei handelt es sich um Extremfälle, in denen westliche Länder eine bedrängte und als pro-westlich betrachtete Regierung massiv unterstützten oder unterstützen, und zugleich auf grundlegende demokratische und rechtsstaatliche Reformen drängen. In milderer Form galt und gilt dies aber auch für eine größere Zahl anderer Länder, etwa für Ägypten unter Präsident Mubarak. Hier sollte man eigentlich einen deutlich erhöhten Einfluß und Gestaltungsspielraum externer, westlicher Regierungen unterstellen dürfen, da solche Ländern in teilweise beträchtlichem Maße finanziell, personell, militärisch und politisch unterstützt werden - bis zur prinzipiell völligen Abhängigkeit. Was wäre beispielsweise Präsident Karzai ohne amerikanische und europäische Gelder und Soldaten?

Allerdings sieht sich westliche Außenpolitik vor einem Dilemma: Wenn ein Land im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik nur von nachgeordneter Bedeutung ist, wird sich das eigene Engagement in Grenzen halten, und damit auch der potentielle Einfluß auf eine innere Umgestaltung. Nimmt ein Zielland aber aufgrund der politischen Rahmenbedingungen (etwa früher im Kalten Krieg, seit 2001 im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, oder weil es für die Energieversorgung wichtig ist) eine Schlüsselstellung für westliche Politik ein, dann kommt es leicht zu einer Situation wechselseitiger Abhängigkeit. El Salvador in den 1980er Jahren und Afghanistan waren bzw. sind zweifellos vollkommen von US-amerikanischer bzw. westlicher Unterstützung abhängig. Ohne finanzielle und militärische Hilfe wären solche Regierungen selten überlebensfähig. Allerdings läßt sich diese fast völlig Abhängigkeit kaum wirksam nutzen, um die erstrebten demokratischen Reformen durch Druck oder Erpressung von außen durchzusetzen: Solange die externen Regierungen ein Land als das entscheidende Bollwerk im Kampf gegen den Kommunismus (die Regierung Präsident Reagans in Bezug auf El Salvador) oder als zentral im Kampf gegen den internationalen Terrorismus betrachten (Afghanistan seit 2001; in etwas geringerem Maße auch Pakistan), reduziert sich das Druckpotential entscheidend. Zwar haben Washington und seine Verbündeten die Länder massiv zu einschneidenden Reformen in den Bereichen, Menschenrechte, Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung gedrängt, weil man dies im Rahmen der jeweiligen Aufstandsbekämpfung für notwendig hielt. Als aber beide Regierungen - und im ersten Fall insbesondere die salvadorianischen Streitkräfte - ein verbales Entgegenkommen mit entschlossenem passiven Widerstand verbanden und sich zentralen Reformen entzogen, erwiesen sich die Druck- und Einflußmöglichkeiten als erstaunlich gering.

In einer aufschlußreichen Studie der US-Politik bei der salvadorianischen Counterinsurgency-Kampagne kam Benjamin Schwarz zu folgendem Schluß:

"There are inherent limits on the ability of one nation, no matter how powerful, to influence the direction and character of another. It is not self-evident whether the interests of America's instrument and necessary reforms are reconcilable. In El Salvador, as in Vietnam, our help has been welcome, but our advice spurned, and for very good reason. That advice—to reform radically—threatens to alter fundamentally the position and prerogatives of those in power. The United States, with its 'revolutionary' means of combatting insurgency, threatens those very things that its ally is fighting to defend. […] Not only is an ally often unwilling to make the necessary reforms, it often feels no compulsion to do so. The problem the United States encounters in its efforts to compel progress in human rights through conditionally has recurred in all its endeavors to pressure El Salvador with threats to withdraw support. Committing American prestige and influence by vowing to 'draw a line' against communism is not the best way to ensure leverage over an ally. As Salvadoran officials assert, throughout the 1980s they did not "take the [American] threats to punish the military by cutting off aid seriously because they believed the U.S. stake in stopping Marxist expansionism was so great that help would continue." Perversely, in many counterinsurgency campaigns in which the United States has involved itself, the more critical the situation is perceived to be, the less leverage America can muster and the less likely nominal clients will be to undertake needed reforms."

Diese Erfahrung mußten die USA und ihre Verbündeten auch anderswo machen. Solange die Alternative zum salvadorianischen Regime im Sieg der linken Guerilla bestand, die man als sowjetische Stellvertreter betrachtete, mußten Drohungen, die Unterstützung der Regierung zu beenden, wirkungslos weil unglaubwürdig bleiben. Und solange ein Ende der Hilfe an das korrupte Regime des afghanischen Präsidenten Karzai zu einer neuen Machtübernahme der Taliban führen dürfte, bleibt die Drohung mit einem Abbruch der Unterstützung unglaubwürdig - unter der Voraussetzung, daß ein Sieg der Taliban als entscheidende Niederlage im Kampf gegen den islamisch inspirierten Terrorismus betrachtet wird. Trotz aller faktischen Abhängigkeit solcher Regime von westlicher Wirtschafts-, Entwicklungs- und Militärhilfe ist diese ein höchst ungenügendes Mittel, dringliche und erforderliche Reformen von außen durchzusetzen. Entsprechende Drohungen sind als Bluff zu leicht erkennbar.

Der Hintergrund dieses Problems besteht darin, daß externer Reformdruck häufig – wenn er überhaupt ernsthaft und nicht nur rhetorisch erfolgt – einen taktischen, instrumentellen und keinen strategischen Charakter trägt. Westliche Länder drangen in El Salvador und dringen in Afghanistan auf durchgreifende politische Reformen, weil sie diese für einen Sieg über die Aufständischen für instrumentell erforderlich halten, nicht weil diese ihr eigentliches strategisches Ziel wären. Das grundlegende Ziel bestand und besteht im Zurückdrängen oder der Niederschlagung der Insurgenz – Reformen sind nur Mittel, diesem Ziel näherzukommen. Wenn nun, was nicht selten ist, das Ziel und die Mittel in einen Widerspruch geraten, werden letztere abgeschwächt, zurückgenommen oder nur noch rhetorisch aufrechterhalten. Die Stabilisierung einer schlechten, aber befreundeten Regierung erscheint erstrebenswerter als die Machtübernahme durch politische Gegner. Wenn es der reformunwilligen oder –unfähigen Regierung des befreundeten Landes also gelingt, sich als die einzige realistische Alternative zum Sieg der strategischen Gegner („kommunistische“ oder islamistische Aufständische) darzustellen, wird westliche Außenpolitik sich in aller Regel für diese entscheiden. Das weiß auch die betroffene Regierung – und damit schwindet die Glaubwürdigkeit einer Androhung, den Verzicht oder die Sabotierung von Reformen mit dem Entzug der Unterstützung zu bestrafen.

 

Schlußfolgerungen

Einige der oben skizzierten strukturellen Probleme sind pragmatischen Lösungen gegenüber kaum zugänglich. Sie erfordern eher ein Umsteuern bei der Strategieentwicklung. Andere können vielleicht nicht gelöst werden, ließen sich aber doch durch das Schließen instrumenteller Lücken und Verbesserungen in der Politikimplementierung in ihrer Bedeutung reduzieren.

 

  • Zuerst einmal sollte westliche Strategieformulierung darauf verzichten, sich unerreichbare Ziele zu setzen. Wenn man die durchgreifende Reform dritter Länder (Demokratisierung, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Frauenrechte, etc.) zu Kernzielen erklären möchte, muß man auch angeben können, auf welche starken und organisierten gesellschaftlichen und politischen Kräfte im Zielland man sich dabei stützen kann. Ohne diese Voraussetzung handelt es sich um keine realistischen Ziele, sondern um Wunschdenken. Man kann demokratische Tendenzen und Kräfte von außen unterstützen, aber weder schaffen noch ersetzen. Es muß auch unmißverständlich geklärt werden, ob die erstrebten Reformen Ziele oder Mittel der eigenen Politik sind.
  • Die Politik sollte in der Lage sein, einen realistischen und funktionierenden Wirkungsmechanismus angeben zu können, der die weitreichenden Ziele auch tatsächlich erreichen kann - und zwar nicht abstrakt, sondern auf das konkrete Land in seiner spezifischen Situation bezogen. Allgemeine Hinweise, daß Armutsbekämpfung oder Zivilgesellschaftsförderung zur Bekämpfung des Terrorismus oder daß ein Einsatz der Bundeswehr zu Frieden und Sicherheit beitragen sollen, sind unzureichend. Es kommt gerade darauf an zu spezifizieren, wie und auf welche Art und durch welche konkreten Maßnahmen das zu erreichen wäre, und was genau man unter "Demokratie" oder „Frieden und Sicherheit“ operativ verstehen möchte.
  • Ohne das Vorliegen beider Voraussetzungen sollten Beschlüsse über größere Interventionsmaßnahmen ziviler und insbesondere militärischer Art unterbleiben, da sie mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben werden. Auch auf das Bereitstellen größerer Finanzmittel sollte dann verzichtet werden, weil Ressourcen zwar wichtige Erfolgsbedingungen darstellen können - aber nur, wenn sie im Rahmen sinnvoller und wirkungsvoller Maßnahmen und einer realistischen Strategie erfolgen. Sonst versickern sie durch Mitnahmeeffekte. Außerdem fehlen die Ressourcen dann in Fällen, in denen umfangreiche Mittel tatsächlich wirksam und dringend nötig sind. Politik- und Strategieentwicklung sollte stärker die Grenzen ihrer Möglichkeiten mitreflektieren – und ggf. den Mut aufbringen, sich aussichtlosen oder unsinnigen Einsätzen zu verweigern. Im Falle des Irak-Krieges 2003 und der Bombardierung Libyens sind die jeweiligen Bundesregierungen einen solchen Weg gegangen. Allerdings sollte die Bundesregierung ihn in solchen Fällen politisch besser vorbereiten und offensiver und nachvollziehbar öffentlich begründen (siehe dazu den nächsten Punkt). Eine "Kultur der Zurückhaltung" bietet sich eben nicht nur aufgrund der historischen Erfahrung der Mittelmacht Deutschland an, sondern wird oft ein Gebot der pragmatischen Klugheit sein.
  • Die Formulierung der Ziele und Strategien muß vom angestrebten Endzustand her gedacht werden, und darf nicht vom Erreichen taktischer Zwischenziele bestimmt werden. Ein „erfolgreicher“ Sturz der Taliban, Saddam Husseins oder nun Muammar Ghaddafis mag einen taktischen Triumph externer Interventen darstellen („mission accomplished“), kann aber immer noch zum strategischen Scheitern führen, wenn die Politik anschließend orientierungslos oder halbherzig bleibt. Ein aktuelles Papier aus dem US Army War College stellt trocken fest: „Many revolutions start out well and end badly.“ Wenn ein wichtiges Land nach dem Sturz seiner Diktatur in Chaos oder Bürgerkrieg zu versinken droht oder tatsächlich jahrelang darin versinkt – dann war dies vermutlich kaum der Endzustand, den sich die externen Akteure für dieses Land vorgestellt hatten. Auch deshalb ist die modische Kritik an der Bundesregierung, nachdem der Sturz Ghaddafis beweise, daß man sich an den NATO-Bombardierungen (aktiver, also nicht nur bei der Zielauswahl) hätte beteiligen sollen, höchst voreilig. Die Luftangriffe waren ja nicht deshalb fragwürdig, weil sie technisch nicht hätten funktionieren können, sondern weil völlig unklar war und bleibt, was jenseits politischer Phrasen das langfristige Ziel, der angestrebte Endzustand, des Einsatzes sein soll (also jenseits des Sturzes der Diktatur, der im Übrigen durch die UNO-Resolution nicht mandatiert war) – und wie man eine friedliche und demokratische Entwicklung in Libyen erreichen möchte, falls die verschiedenen Akteure in dem fragmentierten Land nach der Befreiung von der Diktatur um ihren Anteil an Macht und Beute kämpfen.
  • Der öffentliche Diskurs über entsprechende außen- und sicherheitspolitische Maßnahmen sollte ehrlicher und transparenter geführt werden. Die politische Führung sollte sich rhetorischem Overkill und der Formulierung wohlklingender, aber hohler und vager Zielformulierungen enthalten. Nicht jeder Militäreinsatz und nicht jede politische Intervention muß der Durchsetzung sämtlicher westlicher Werte oder der Rettung des Abendlandes dienen. Eine Emotionalisierung der außenpolitischen Debatten und die Schaffung unrealistischer Erwartungshaltungen sind in der Regel schädlich und sollten unterbleiben. Auch sollten die tatsächlichen Entscheidungsgründe (z.B. ggf. bündnispolitische) stärker betont werden als "moralische" Verkaufsargumente, um eine ernsthafte Politikdebatte zu ermöglichen. Wichtige außenpolitische Entscheidungen sollten in einer demokratischen Gesellschaft seriös öffentlich begründet und diskutiert werden – nicht allein aus demokratietheoretischen Gründen und weil es Fehler vermeiden hilft, sondern auch, weil die Gesellschaft sie sonst bei Schwierigkeiten kaum mittragen wird und sie so geschwächt werden.
  • Die öffentliche Debatte sollte stärker auf die Ziele und vor allem die Strategie, weniger auf die Mittel fokussiert werden - aber auch die Einsatzentscheidungen sollten aufgrund einer sinnvollen Strategie, nicht instrumentenorientiert getroffen werden. Die Debatte, ob militärische Truppen eingesetzt werden sollen oder nicht, ist so lange unsinnig, wie nicht ernsthaft geklärt ist, zu welchem präzisen Zweck dies geschehen soll, worin genau die Aufgaben der Truppen bestehen und wie diese erfüllt werden sollen. In Deutschland wurde und wird sehr leidenschaftlich über die Frage "Bundeswehreinsatz - ja oder nein" diskutiert, über die Strategie und ihre Alternativen kaum oder nur rituell. Solange über eine wirkungsvolle Gesamtstrategie nicht entschieden ist, sollte auf Beschlüsse einer Anwendung bestimmter Mittel - insbesondere militärischer Art - verzichtet werden.
  • Inzwischen hat sich gezeigt, daß der Einsatz militärischer und entwicklungspolitischer Instrumente selten strategisch entscheidend ist, sondern beides in präkonfliktiven oder Konfliktsituationen nur flankierend wirkt. Ähnliches gilt für die Diplomatie. Diese drei Hebel der Außenpolitik sind wichtig, aber für die Reform oder Umgestaltung fremder Gesellschaften und politischen Systeme völlig unzureichend. Die Fragen von Governance und der nach legitimier, wirksamer Staatlichkeit gehören ins Zentrum, entwicklungspolitische und sicherheitspolitische Instrumente können sie ggf. ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Bundesregierung, außen-, sicherheits- und entwicklungspolitische Organisationen und die Wissenschaft sollten grundlegend und systematisch über die Schaffung zusätzlicher Instrumentarien nachdenken, die die Reform von Governance im Allgemeinen (staatlich, parastaatlich, gesellschaftlich) zum Kern ihrer Aufgaben haben. Die oft eher technisch denn politisch ausgerichteten Instrumente zu Capacity Building und Good Governance Förderung können in diesem Rahmen wichtige Beiträge leisten, sind aber nicht genug. Die identifizierten instrumentellen Lücken sollten baldmöglichst geschlossen werden. Das offensichtliche Problem besteht darin, daß es hierbei nicht primär um die Stärkung der technischen Effizienz von Staatlichkeit und um capacity building geht, sondern um deren Schaffung im Rahmen legitimer Staatlichkeit. Hierbei handelt es sich aber nicht um ein technisches, sondern ein politisches und psychologisches Problem im Zielland.
  • Falls es zu – in der Regel nicht zu empfehlenden – zivil-militärischen Stabilisierungs- oder Kriegseinsätzen kommt, etwa im Rahmen von Counterinsurgency, sollte eine zivile Führung solcher Einsätze sichergestellt werden. Aufgrund der hohen symbolischen Bedeutung, besonderen Sichtbarkeit, des hohen personellen und materiellen Einsatzes militärischer Einsätze und der häufigen vergleichsweisen Schwäche der zivilen Komponenten besteht die Gefahr, daß das Militär zum dominierenden Faktor wird. Dies mag politisch nicht gewollt sein, aber sein hohes politisches und materielles Gewicht – und die oft konzeptionelle Schwäche der politischen Führung - drängen das Militär leicht in eine faktische Führungsrolle, ohne daß es zur politischen Gesamtleitung zivil-militärischer Operationen geeignet wäre. Es muß politisch und organisatorisch sichergestellt werden, daß der Einsatz des Militärs tatsächlich in einer instrumentellen Rolle verbleibt.
  • Wenn die Gesellschaften der Zielländer ins Zentrum der Aufmerksamkeit gehören, sollte die Public Diplomacy also die Kommunikation mit den Gesellschaften und nicht nur deren Regierungen – stärker betont werden. Neben der Stärkung der bereits bestehenden Instrumentarien (etwa im Rahmen der Auswärtigen Kulturpolitik) sollten die regionalen Medien offensiver genutzt werden: Beispielsweise wäre es sinnvoll, daß zumindest jede Woche ein wichtiger deutscher Politiker oder eine Politikerin in einem der regionalen arabischen TV- Sender (vor allem Al Jazeera, Al Arabiya) die eigene Politik kommuniziert – allerdings muß dies in glaubwürdiger Form und an das regionale Publikum angepaßt erfolgen. Daß eine hohe Medienpräsenz in der arabischen - bzw. muslimisch geprägten - Welt möglich ist, haben US-Politiker gezeigt; allerdings fehlt es deren Auftritten nicht selten an Glaubwürdigkeit in der Region.
  • Die Kooperation mit sinnvollen Sektoren der Zivilgesellschaft (einschließlich Berufsverbänden, Medien, etc.) sollte deutlich ausgeweitet werden, wobei sie in der Regel über die deutsche und europäische Zivilgesellschaft, Medienvertreter, Universitäten und Berufsverbände betrieben werden sollte - wenn auch mit Unterstützung der Bundesregierung, aber durchaus auch durch Bundesländer und Gemeinden. Dabei sollte das Kriterium einer Zusammenarbeit nicht in einer pro-westlichen oder säkularen Ausrichtung liegen, sondern in möglichen Beiträgen zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten, Transparenz, Demokratie und anderen konkreten Zielen. Weder islamische noch traditionelle Strömungen (etwa tribale Strukturen) sollten prinzipiell ausgespart werden, wenn sie Beiträge in diesen Bereichen leisten oder leisten möchten. Umgekehrt sollte die Zusammenarbeit mit kriminellen Akteuren und Netzwerken (kriminelle Warlords, etc.) minimiert werden.
  • Rüstungsexporte und Ausbildungshilfe gehören prinzipiell zum außenpolitischen Instrumentarium. Allerdings sollte die Bundesregierung die restriktiven Regeln ernster nehmen und insbesondere sicherstellen, daß Rüstungsexporte nicht die eigenen Politik konterkarieren oder sie unglaubwürdig werden lassen (Panzergeschäft mit Saudi Arabien, insgesamt Waffenlieferungen an Diktaturen).
  • Die Außenpolitik gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten sollte das entwicklungspolitische Prinzip „do no harmübernehmen. Vor allen Überlegungen zur Leistung positiver und gestaltender Politikbeiträge sollte sichergestellt werden, in den betroffenen Gesellschaften keinen Schaden anzurichten. So wäre stärker zu beachten, Diktatoren und repressive Regime in der Region nicht zu fördern, zu stärken und zu stabilisieren – und parallel oder nachher ein Demokratiedefizit zu beklagen und eine destabilisierende Politik des Regime Change zu betreiben. Regime wie das Saddam Husseins zuerst aufrüsten zu helfen, um es anschließend gewaltsam zu entwaffnen, untergräbt die Glaubwürdigkeit und Wirkungsmöglichkeiten westlicher Politik. Schadensvermeidung in der Politik gegenüber der Region sollte eindeutigen Vorrang vor ihrer externen Umgestaltung haben. Auch wenn es weder die Aufgabe der Bundesregierung noch möglich sein mag, offensiv die Länder der Region zu demokratisieren, so sollte es doch hohen Stellenwert einnehmen, repressive, autoritäre oder diktatorische Tendenzen nicht zu fördern.
  • Es wäre wünschenswert, wichtige zivile, militärische und zivil-militärische Einsätze regelmäßig durch externe Fachleute zu evaluieren. Dabei darf es nicht nur um die technische Effizienz, organisatorische Abwicklung und die Kostenwirksamkeit gehen, sondern die Wirkungsanalyse – gemessen an den öffentlich erklärten Einsatz- und Maßnahmenzielen – wäre ins Zentrum zu rücken. Es ist nicht einsehbar, daß etwa in der Entwicklungspolitik routinemäßig Projekte und Sektoren evaluiert werden, dies in anderen Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik und vor allem in Bezug auf zivil-militärische Gesamteinsätze nicht erfolgt. Wenn der Bau von Latrinen in einem außenpolitisch mäßig relevanten Land im Rahmen der EZ selbstverständlich durch externe Gutachter evaluiert werden muß, sollte dies erst Recht in Bezug auf teure, riskante und komplexe zivil-militärische Einsätze wie in Afghanistan gelten. Unabhängige Erfolgsevaluierung ist ein entscheidendes Element institutionellen Lernens, das Fehler zu wiederholen vermeiden hilft.

 

 

 

Anmerkungen

(Nummerierung und Zuordnung in der PDF-Version oder der Druckfassung)
 

 Volkmar Wenzel, Nordafrika und der Nahe Osten in der Deutschen Sicherheitspolitik, in: Volker Perthes (Hrsg.), Deutsche Nahostpolitik – Interessen und Optionen, Schwalbach 2001, S. 142

 „Außenpolitik“ wird hier in einem umfassenden Sinne verwendet – und nicht allein auf die „klassische“ Außenpolitik, Diplomatie oder die Tätigkeit des Auswärtigen Amtes bezogen, sondern sie schließt auch die Sicherheits- und Entwicklungspolitik sowie alles ein, das sich auf das direkte oder indirekte (etwa über die Nutzung parastaatlicher oder Nichtregierungsorganisationen) Regierungshandeln zur Interaktion mit und Beeinflußung von auswärtigen Akteuren bezieht.

 so Bundesaußenminister Westerwelle: "Die Entwicklungen in Ägypten bergen aus Sicht der Bundesregierung eine große Chance auf mehr Demokratie. Wir stehen als Demokraten an der Seite von Demokraten." Bundestagsdebatte vom 9. Februar 2011, nach: www.guido-westerwelle.de/files/328/Rede_Westerwelle_Aegypten_09.02.11.pdf

 Zur Ausgangslage in der Region siehe u.a.: Jochen Hippler, Der Nahe und Mittlere Osten – Grundprobleme einer konfliktträchtigen Region, in: Jochen Hippler (Hrsg.) Von Marokko bis Afghanistan – Krieg und Frieden im Nahen und Mittleren Osten, Hamburg 2008, S. 11-27; und aktuell: Hanrath, Jan: Umbrüche im Nahen Osten – Hintergründe und Handlungsoptionen für westliche Politik und Zivilgesellschaft, INEF Policy Brief 09, Institut für Entwicklung und Frieden, Duisburg 2011

 zur aktuellen Situation in den einzelnen Ländern siehe: Arbeitsstelle des Vorderen Orients (Hrsg.), Proteste, Revolutionen, Transformationen - Die Arabische Welt im Umbruch, Working Paper No. 1, Juli 2011; und F. Gregory Gause III, Why Middle East Studies Missed the Arab Spring - The Myth of Authoritarian Stability, in: Foreign Affairs, July/August 2011

 W. Andrew Terrill, The Arab Spring and the Future of US Interests and Cooperative Security in the Arab World, Strategic Studies Institute, US Army War College, 2 August 2011, www.strategicstudiesinstitute.army.mil/pdffiles/articles/The-Arab-Spring-and-the-Future-of-US-Interests-a-2011-08-02-SSI-Article.pdf

 Jochen Hippler, Das gefährlichste Land der Welt? - Pakistan zwischen Militärherrschaft, Extremismus und Demokratie, Köln 2008, S. 102-116

 Zitiert nach der libanesischen Tageszeitung The Star: Egypt uprising is an Islamic ‘awakening’: Ayatollah Ali Khamenei, in: The Star, Feb 04 2011, online: www.thestar.com/news/world/article/933539--egypt-uprising-is-an-islamic-awakening-ayatollah-ali-khamenei

 Iranische Reaktionen auf Ägypten - Chamenei unterstützt "islamische Erleuchtung" in Kairo. Online: www.tagesschau.de/ausland/iranreaktionen100.html

 Sayyed Nasrallah: Egyptian Revolution As Important As Resistance 2006 Victory, zit. nach der offiziellen Website der Hisbollah: www.english.moqawama.org/essaydetails.php?eid=13372&cid=231

 beispielsweise galt nach 1933 "Lebensraum im Osten" als ein objektives außenpolitisches Interesse des Deutschen Reiches, war aber politisch definiert. Nach 1945 gab es keinen ernsthaften außenpolitischen Akteur in Deutschland mehr, der den "Lebensraum" zum deutschen Interesse erklärt hätte - obwohl sich die Geographie Europas nicht geändert hatte, sondern nur der politische und ideologische Bezugsrahmen.

 dazu u.a.: Frank Umbach, Deutsche Außenpolitik und Energiesicherheit, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann Hrsg.), Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2010, S. 370ff

 Bundesministerium der Verteidigung, Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, Berlin 2006, S. 22

 Der Bericht über die Umsetzung der Sicherheitspolitische Strategie der Europäischen Union faßt diese Interessen folgendermaßen zusammen: "Im Nahen Osten und anderswo auf der Welt bestehen weiterhin ungelöste Konflikte, neue Konflikte brechen aus, selbst in unserer Nachbarschaft. Das Scheitern von Staaten beeinträchtigt unsere Sicherheit durch Kriminalität, illegale Einwanderung und seit kurzem auch durch Seeräuberei. Die Entwicklung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität hat neue Bedrohungen hervorgebracht — auch innerhalb unserer eigenen Gesellschaften. Das iranische Nuklearprogramm, das wesentlich vorangeschritten ist, stellt eine Gefahr für die Stabilität in der Region und für das gesamte Nichtverbreitungssystem dar." Rat der Europäischen Union, Europäische Sicherheitsstrategie - Ein sicheres Europa in einer besseren Welt, Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2009, S. 7

 vergl. etwa: David Bosold / Christian Achrainer, Die normativen Grundlagen deutscher Außenpolitik, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann Hrsg.), Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2010, S. 445ff

 vergl. auch die US-amerikanische Nationale Sicherheitsstrategie von 2010, die u.a. formuliert:
"The United States has important interests in the greater Middle East. They include broad cooperation on a wide range of issues with our close friend, Israel, and an unshakable commitment to its security; the achievement of the Palestinian people’s legitimate aspirations for statehood, opportunity, and the realization of their extraordinary potential; the unity and security of Iraq and the fostering of its democracy and reintegration into the region; the transformation of Iranian policy away from its pursuit of nuclear weapons, support for terrorism, and threats against its neighbors; nonproliferation; and counterterrorism cooperation, access to energy, and integration of the region into global markets.
At the same time, our engagement must be both comprehensive and strategic. It should extend beyond near-term threats by appealing to peoples’ aspirations for justice, education, and opportunity and by pursuing a positive and sustainable vision of U.S. partnership with the region. Furthermore, our relationship with our Israeli and Arab friends and partners in the region extends beyond our commitment to its security and includes the continued ties we share in areas such as trade, exchanges, and cooperation on a broad range of issues." The White House, National Security Strategy 2010, Washington 2010, S. 24f

 ein Beispiel dafür waren die Sanktionen der USA und anderer westlicher Länder, nachdem die Hamas in Palästina die demokratischen Wahlen von 2006 gewonnen hatte, die der Westen zuvor nachdrücklich gefordert hatte. Zu den Sanktionen siehe u.a.: Jeremy M. Sharp and Christopher M. Blanchard, U.S. Foreign Aid to the Palestinians, CRS Report for Congress, Washington, Updated June 27, 2006; siehe auch: Shlomo Brom, A Hamas Government: Isolate or Engage?, United States Institute of Peace Briefing, Washington, March 2006; und: International Crisis Group: Palestinians, Israel and the Quartet: Pulling Back from the Brink, Crisis Group Middle East Report N°54, 13 June 2006 (bes. S. 21ff) oder Turner, Mandy: Building Democracy in Palestine: Liberal Peace Theory and the Election of Hamas ,in: Democratization, 13:5 2006, 739-755

 zur Selbstperzeption deutscher Außenpolitik und ihren allgemeinen konzeptionellen Vorstellungen, die in die Interessenformulierung einfließen, siehe u.a.: Ulrich Roos, Deutsche Außenpolitik: Eine Rekonstruktion der grundlegenden Handlungsregeln, Wiesbaden 2010

 W. Andrew Terrill, The Arab Spring and the Future of US Interests and Cooperative Security in the Arab World, Strategic Studies Institute, US Army War College, 2 August 2011, www.strategicstudiesinstitute.army.mil/pdffiles/articles/The-Arab-Spring-and-the-Future-of-US-Interests-a-2011-08-02-SSI-Article.pdf

 man denke an die schweren Konflikte anläßlich des US-geführten Irakkrieges zwischen den USA, Großbritannien und anderen einerseits, Frankreich und Deutschlands andererseits - oder die Auseinandersetzungen um die deutsche Nichtbeteiligung am Libyenkrieg.

 Der damalige Bundeskanzler Schröder begründete die deutsche Truppenentsendung nach Afghanistan im Plenum des Bundestages mit den folgenden Worten. "Wir haben über Jahrzehnte Solidarität [durch die USA; JH] erfahren. Deshalb ist es schlicht unsere Pflicht – das entspricht unserem Verständnis von Selbstachtung –, wenn wir in der jetzigen Situation Bündnissolidarität zurückgeben.“ Er fuhr dann fort: "Ist denn der Erfolg dieser Bündnisleistung [also der Truppenentsendung; JH] gewährleistet? Niemand kann das sagen, jedenfalls nicht mit letzter Sicherheit. Aber was wäre das für eine Solidarität, die wir vom Erfolg einer Maßnahme abhängig machten? ... Deswegen denke ich: Wir haben uns gemeinsam, also das gesamte Hohe Haus ..., zu uneingeschränkter Solidarität verpflichtet. Wir haben sie jetzt als Konsequenz aus unseren eigenen Entscheidungen auch zu leisten."; Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, Plenarprotokoll 14/198, 198. Sitzung, Berlin, 8. November 2001, S. 19284. Auch der damalige Bundesaußenminister Fischer begründete in der gleichen Debatte den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan mit dem Argument, man könne die USA "nicht allein lassen" und wies darauf hin, daß eine Nicht-Beteiligung am Krieg (der Außenminister benutze nachdrücklich dieses Wort) die "Bündnisfähigkeit" Deutschlands infrage stellen würde. "... (A)lle wichtigen Partner kommen zu der Konsequenz, dass es für sie, für Europa und für unsere gemeinsame Sicherheit ein fataler Fehler wäre, wenn wir die USA alleine ließen." Ebenda, S. 19294f

 Georg Schulze Zumkley, Vom Verwalten zum Gestalten - Diplomatie braucht Strategiewerkzeuge, in: Internationale Politik, September/Oktober 2010, S. 39

 Jochen Hippler, Die neue Afghanistan-Strategie der Regierung Obama, in: Christiane Fröhlich, Margret Johannsen, Bruno Schoch, Andreas Heinemann-Grüder, Jochen Hippler (Hrsg.); Friedensgutachten 2010, Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Bonn International Center for Conversion (BICC), u.a., Münster 2010, S. 63-75

 Der Strategiebegriff wird häufig ausgesprochen vage und irreführend verwendet. Keller und Voje sprechen zu Recht davon, daß der Begriff "auch ein rhetorischer Trick (sei), der Autorität verschafft". (Patrick Keller / Julian Voje, Wo bleibt der Masterplan? - Auf der Suche nach einer außenpolitischen Strategie, in: Internationale Politik, September/Oktober 2010) Häufig wird er synonym mit "Politik", "Absichtserklärungen" oder gar "Taktik" benutzt. Diese Begriffsverwirrung erschwert den politischen Konzeptionierungsprozeß. Deshalb wird in diesem Kapitel streng zwischen Strategie und Taktik unterschieden.

 Rudolf betont in einem ähnlichen Zusammenhang die kognitive Seite dieses Problems und spricht von einem „Wirkungsmodell“. Peter Rudolf, Außenpolitikevaluation: Konzeptionelle Überlegungen zu einem vernachläßigten Bereich der Außenpolitikanalyse, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, Heft 1, 2007, S. 323

 Jochen Hippler, Afghanistan: Kurskorrektur oder Rückzug? - Die politischen Folgen aus der Gewalteskalation, Policy Paper 29 der Stiftung Entwicklung und Frieden (SEF), Bonn 2008

 Dabei darf die Zielformulierung allerdings die Mittel nicht aus den Augen verlieren, wenn sie realistisch bleiben will.

 Smith, Rupert; The Utility of Force - The Art of War in the Modern World;  London 2006, S. 374

 Vergl. hierzu: Peter Rudolf, Außenpolitikevaluation: Konzeptionelle Überlegungen zu einem vernachläßigten Bereich der Außenpolitikanalyse, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, Heft 1, 2007, S. 322f

 Schulze Zumkley scheint dies anders zu sehen. Er fokussiert auf die Ebene der "außenpolitischen Spitzenbeamten, also [der] Staatssekretäre, Botschafter und Abteilungsleiter", denkt aber auch an Referatsleiter und Referenten im Auswärtigen Amt. (a.a.O., S. 41f) So sinnvoll es ist, daß auch die Arbeitsebene jeweils für den eigenen Bereich über durchdachte Strategien verfügt, so hängt ihre Fähigkeit, solche zu entwickeln, in hohem Maße von konkreten und realistischen Strategievorgaben durch die politische Führung des eigenen Hauses und vor allem des interministeriellen Bereichs ab.

 Inzwischen hat die westliche Politik einen großen Teil ihrer Reformansprüche gemildert oder zurückgenommen. Nun ist weniger häufig von good governance die Rede, stärker von good enough governance. Auch der Demokratisierungsanspruch wird kaum noch offensiv vertreten.

 Amerika und Europa fordern Assad zum Rücktritt auf, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. August 2011, S. 1

 Jochen Hippler, Gewaltkonflikte, Konfliktprävention und Nationenbildung - Hintergründe eines politischen Konzepts, in: Jochen Hippler (Hrsg.), Nation-Building – ein sinnvolles Instrument der Konfliktbearbeitung?, Dietz Verlag (Bonn), Reihe Eine Welt der Stiftung für Entwicklung und Frieden, 2004, S. 14-30; und: Jochen Hippler, Nationalstaaten aus der Retorte? - Nation-Building zwischen militärischer Intervention, Krisenprävention und Entwicklungspolitik, in: ebenda, S. 245-270

 zu Libyen: "Der Bundesregierung ist spätestens zu diesem Zeitpunkt [17. März 2011; JH] klar, dass sie sich in einem unauflösbaren Dilemma befindet. Sie kann auf den Wunsch der Partner eingehen und einem Militäreinsatz trotz der erheblichen inhaltlichen Bedenken Merkels, Westerwelles und de Maizières zustimmen. Die Folge wäre eine innenpolitische Debatte. Zumindest an diesem Punkt spielt die anstehende Landtagswahl in Baden-Württemberg bei der Abwägung eine Rolle. Denn Tag für Tag haben die Spitzen der Regierung bei ihren Wahlkampfauftritten die ablehnende Haltung ihrer Wähler in der Frage zu spüren bekommen. Die Alternative ist: Die Bundesregierung steht zu ihren Bedenken und geht das Risiko ein, nicht mit den engsten außenpolitischen Partnern zu stimmen." Andreas Rinke, Eingreifen oder nicht? - Warum sich die Bundesregierung in der Libyen-Frage enthielt, in: Internationale Politik, Juli/August 2011; zit nach: www.internationalepolitik.de/2011/06/09/eingreifen-oder-nicht/

 vergl. Anmerkung 21

 so wirkten die US-Sanktionen der 1980er Jahre gegen Libyen kaum - erst, als durch den UNO-Sicherheitsrat 1992 Sanktionen allgemein verbindlich wurden, zeitigten sie in Libyen nachhaltige Wirkungen; Dirk Vandewalle, History of Modern Libya, Cambridge 2006, S. 152ff

 Robert D. Blackwill, Plan B in Afghanistan - Why a De Facto Partition Is the Least Bad Option, in: Foreign Affairs, January/February 2011

 siehe u.a.: Andreas Wilhelm, Außenpolitik: Grundlagen, Strukturen und Prozesse, München 2006, S. 158ff

 Andreas Wilhelm, Diplomatie, in: Carlo Masala/ Frank Sauer / Andreas Wilhelm (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Politik, Wiesbaden 2010, S. 337-352

 das Sanktionsinstrumentarium der Europäischen Union wird nützlich zusammengefaßt in: European Commission, Restrictive measures - Sanctions or restrictive measures, Brüssel 17.03.2011, http://eeas.europa.eu/cfsp/sanctions/docs/index_en.pdf; von dort Zugriff auf zahlreiche weitere einschlägige Dokumente

 ein Überblick aus US-Perspektive in: The White House, National Security Strategy 2010, Washington 2010, S. 14-16

 Hanrath, Jan: Zivilgesellschaftsförderung der Europäischen Union im Nahen Osten – Euro-mediterrane Partnerschaft und Stärkung demokratischer Strukturen, Marburg 2008, S.19ff

 A. Lawrence Chickering, Civil Society and Counterinsurgency, Small Wars Journal, November 3, 2010, online: http://smallwarsjournal.com/blog/journal/docs-temp/590-chickering.pdf

 Lawrence Chickering / P. Edward Haley, Strong Society, Weak State - The social dimension of state-building, in: Policy Review, No. 143, Hoover Institution, June 1, 2007; online: http://www.hoover.org/publications/policy-review/article/6074; siehe auch: A. Lawrence Chickering / Isobel Coleman / P. Edward Haley / Emily Vargas-Baron, Strategic Foreign Assistance: Civil Society in International Security, Stanford 2006

 Anna Schwan, Werbung statt Waffen: Wie Strategische Außenkommunikation die Außenpolitik verändert, Wiesbaden 2011; siehe auch: Kurt-Jürgen Maaß (Hrsg.), Kultur und Außenpolitik - Handbuch für Studium und Praxis, Baden-Baden 2009

 Kristin M. Lord, Voices of America - U.S. Public Diplomacy for the 21st Century, Washington, Brookings Institution, 2008; Foreign and Commonwealth Office, Engagement - Public Diplomacy in a Globalised World, London 2008

 in Washington wird zunehmend auch von "smart power" gesprochen. Siehe dazu: John L. Glenn, Die Umsetzung von smart power in Zeiten der ökonomischen Krise, FES Washington, Februar 2011; siehe auch den Beitrag der US-Außenministerien Clinton in Foreign Affairs: Hillary Rodham Clinton, Leading Through Civilian Power - Redefining American Diplomacy and Development, in: Foreign Affairs, November/December 2010

 Zachary Selden, Economic Sanctions as Instruments of American Foreign Policy, New York 1999; Helen Osieja, Economic Sanctions as an Instrument of U.S. Foreign Policy: The Case of the U.S. Embargo Against Cuba, Boca Raton, FL, 2006; Richard N. Haass, Economic Sanctions and American Diplomacy, New York 1998

 Peter Rudolf, Sanktionen in der internationalen Politik - Zum Stand der Forschung, SWP-Studie S 30, Berlin 2006; und: Gary Hufbauer, Jeffrey J. Schott und Kimberly Ann Elliott, Economic Sanctions Reconsidered, Washington D.C. 2009, Peterson Institute for International Economics

 siehe: Michael Brzoska, Rüstungsexportpolitik, in: Siegmar Schmidt / Gunther Hellmann / Reinhard Wolf (Hrsg.), Handbuch zur deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 650ff

 Matthias Basedau, Clara Portela und Christian von Soest, Peitsche statt Zuckerbrot: Sind Sanktionen wirkungslos?, GIGA Focus Global, Nummer 11, Hamburg 2010; dort auf Seite 4 ein nützlicher tabellarischer Überblick über Reisebeschränkungen, Handels-, finanzielle und Rüstungssanktionen der USA, UNO und EU

 Council of the European Union, Guidelines on implementation and evaluation of restrictive measures (sanctions) in the framework of the EU Common Foreign and Security Policy, Document 15114/05, Brussels, 2 December 2005, pp. 19-30

 aufschlußreich aus jener Zeit: Gregory F. Treverton, Covert Action – The Limits of Intervention in the Postwar World, New York 1987

 UNO Charta, Artikel 2 (1) und Artikel 2 (7)

 der Nationale Sicherheitsberater Bill Clintons, Anthony Lake, formulierte, daß es zu "our security mission" gehöre, auf der Weltkarte "to extend the blue areas of market democracies". Dies solle allerdings nicht durch Zwang oder Gewalt erfolgen. Zit. nach: Lake Says US Interests Compel Engagement Abroad, US Information Agency, US Policy Information and Texts, 23 September 1993, S. 8

 Patrick Keller, Neokonservatismus und amerikanische Außenpolitik: Ideen, Krieg und Strategie von Ronald Reagan bis George W. Bush, Paderborn 2008

 Interessant in diesem Zusammenhang ist die Diskussion über die "Responsibility to Protect", die unter humanitären Gesichtspunkten einen Beitrag zur Relativierung des Nichteinmischungsgebotes bewirkte. Dazu u.a.: International Commission on Intervention and State Sovereignty, The Responsibility to Protect, Ottawa 2001; und: Jennifer Welsh, Implementing the 'Responsibility to Protect', Policy Brief 1/2009, Oxford Institute for Ethics, Law and Armed Conflict, Oxford 2009

 Jochen Hippler, Counterinsurgency – Theorien unkonventioneller Kriegführung: Callwell, Thompson, Smith und das US Army Field Manual 3-24, in: Thomas Jäger / Rasmus Beckmann (Hrsg.), Handbuch Kriegstheorien, Wiesbaden 2011 (im Erscheinen); und: Jochen Hippler, Counterinsurgency and Political Control – US Military Strategies Regarding Regional Conflict, INEF-Report 81 (Institute for Development and Peace), Duisburg 2006

 Dies gilt unter Umständen dann nicht, wenn die militärische Überlegenheit ohne Rücksicht gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden kann. Falls die Regierung bereit und in der Lage sein sollte, systematische Massaker - ggf. bis zum Völkermord - zu begehen und politisch durchzustehen, dann mag dies zu einem umfassenden Klima der Einschüchterung und des Schreckens führen, der die Opposition und die ganze Bevölkerung lähmt und jeden Widerstand erstickt. Allerdings liegt auf der Hand, daß demokratische Staaten sich zumindest seit dem Ende des Kolonialismus eine solche Politik heute nicht mehr leisten können. In Guatemala und Syrien der 1980er Jahre allerdings bestanden solche Restriktionen nicht - in beiden Fällen konnten Aufstände durch staatlichen Terror niedergeschlagen werden.

 US Army/US Marine Corps, Counterinsurgency Field Manual, FM 3-24, Chicago 2007, S. 37; Hervorhebungen durch JH

 Jochen Hippler, Irak - Bilanz einer gescheiterten Militärintervention, in: Margret Johannsen, Bruno Schoch, Corinna Hauswedell, Tobias Debiel, Christiane Fröhlich (Hrsg.); Friedensgutachten 2011, Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Bonn International Center for Conversion (BICC), u.a., Münster 2011, S. 223-234

 Jochen Hippler, Afghanistan: Kurskorrektur oder Rückzug? - Die politischen Folgen aus der Gewalteskalation, Policy Paper 29 der Stiftung Entwicklung und Frieden (SEF), Bonn 2008, S. 6f

 Siehe dazu: Dirk Vandewalle, A History of Modern Libya, Cambridge 2006, S. 119ff

 Nikolaos Van Dam, The Struggle for Power in Syria - Politics and Society Under Asad and the Ba'th Party, New York 2011, S. 111

 Heydemann, Steven / Leenders, Reinoud: Resilient Authoritarianism in the Middle East – Lessons from Syria and Iran & Implications for Democracy Promotion, Knowledge Programme Civil Society in West Asia, Policy Paper 2, Amsterdam März 2011, http://www.hivos.net/content/download/46009/308414/file/PP2%20Heydemann%20and%20Leenders.pdf

 Von Zustimmung ist keine Rede - Beim Panzergeschäft mit Saudi Arabien versteckt sich die Bundesregierung hinter Israel, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17. Juli 2011, S. 7

 u.a.: Streit über Panzer-Lieferung De Maizière würdigt Saudi-Arabien als "Stabilitätsanker", in: Süddeutsche Zeitung, 9. Juli 2011, www.sueddeutsche.de/politik/streit-um-panzer-lieferung-de-maizire-wuerdigt-saudi-arabien-als-stabilitaetsanker-1.1118148

 viele islamistische Parteien oder Gruppen haben überdurchschnittlich gebildete Mitglieder, oft aus der Mittelschicht - und können demokratische oder diktatorische Ziele verfolgen. In der Regel entstammen selbst terroristische Gewalttäter nicht den ärmsten Bevölkerungskreisen, sondern den Mittelschichten - unabhängig davon, ob sie säkular oder religiös geprägt sind.

 Zum Hintergrund arabischer Staatensysteme immer noch nützlich, auch wenn die Frage der Rentenökonomie etwas unterbelichtet wird: Nazih N. Ayubi, Over-stating the Arab State – Politics and Society in the Middle East, London/New York 1995

 Armin K. Nolting / Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Diskussionspapier - Förderung von Good Governance in arabischen Staaten, Eschborn 2005, S. 7

 Rupert Smith, The Utility of Force - The Art of War in the Modern World;  London 2006, S. 292

 FN zur Rentenökonomie einfügen, evtl 2-3 Angaben

 Chickering, A. Lawrence; Coleman, Isobel; Haley, P.Edward; Vargas-Baron, Emily: Strategic Foreign Assistance - Civil Society in international security; Hoover Institution Press; Stanford, California; 2006, S. 1; allerdings überschätzen sie die Fähigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen zur Schließung dieser Lücke bei weitem.

 Armin K. Nolting / Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Diskussionspapier - Förderung von Good Governance in arabischen Staaten, Eschborn 2005, S. 7

 Schwarz, Benjamin C.; American Counterinsurgency Doctrine and El Salvador - The Frustrations of Reform and the Illusions of Nation Building;  [o. O.] 1991, p. 61f

 in Bezug auf Afghanistan siehe bereits den Beitrag aus dem Dezember 2001: Jochen Hippler, Die Konzeptionslosigkeit wird sich langfristig rächen - Für stabile Strukturen in Afghanistan nach einem Sturz der Taliban fehlen verläßliche Akteure, in: Frankfurter Rundschau, 22. Oktober 2001, S. 6

 W. Andrew Terrill, The Arab Spring and the Future of US Interests and Cooperative Security in the Arab World, Strategic Studies Institute, US Army War College, 2 August 2011, www.strategicstudiesinstitute.army.mil/pdffiles/articles/The-Arab-Spring-and-the-Future-of-US-Interests-a-2011-08-02-SSI-Article.pdf

 Ein Beispiel: Roland Nelles, Rebellen in Tripolis - Sarkozys Triumph, Merkels Blamage, in: Spiegel Online, 22. August 2011; www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,781671,00.html

 siehe bereits die Äußerungen des damaligen Verteidigungsministers Scharping zur Rechtfertigung des Kosovo-Krieges

 Jochen Hippler, Bedingungen, Kriterien und Grenzen militärischer Interventionen, in: Bruno Schoch, Andreas Heinemann-Grüder, Jochen Hippler, Markus Weingardt und Reinhard Mutz (Hrsg.); Friedensgutachten 2007, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Bonn International Center for Conversion (BICC), Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), u.a., Juni 2007, S. 110-121

 Darauf wurde im Rahmen des „Friedensgutachtens“ der deutschen Friedensforschungsinstitute bereits 2007 hingewiesen. Stellungnahme der Herausgeber:  Aktuelle Entwicklungen und Empfehlungen, in: in: Bruno Schoch, Andreas Heinemann-Grüder, Jochen Hippler, Markus Weingardt und Reinhard Mutz (Hrsg.), Friedensgutachten 2007, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Bonn International Center for Conversion (BICC), Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), u.a., Juni 2007, S. 11

 Vergl. die anregende Diskussion in der Zeitschrift für Internationale Beziehungen: Peter Rudolf, Außenpolitikevaluation: Konzeptionelle Überlegungen zu einem vernachläßigten Bereich der Außenpolitikanalyse, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, Heft 1, 2007, S. 319-330; als Repliken: Hanns W. Maull, Wissenschaftliche Außenpolitik-Evaluation: Ein Oxymoron?, in: ebenda, Heft 1, 2008, S. 113-123; und Thomas Widmer, Evaluation in der Außenpolitik: Gründe für die Evaluationslücke, in: ebenda, S. 125-137

 

 

Literatur

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  • Ayubi, Nazih N. 1995: Over-stating the Arab State – Politics and Society in the Middle East, London/New York.
  • Basedau, Matthias / Portela, Clara / Soest, Christian von 2010: Peitsche statt Zuckerbrot: Sind Sanktionen wirkungslos?, GIGA Focus Global, Nummer 11, Hamburg.
  • Blackwill, Robert D. 2011: Plan B in Afghanistan - Why a De Facto Partition Is the Least Bad Option, in: Foreign Affairs, January/February 2011
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  • Brom, Shlomo 2006: A Hamas Government: Isolate or Engage?, United States Institute of Peace Briefing, Washington ( March 2006)
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  • Bundesministerium der Verteidigung, Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, Berlin
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  • Chickering, Lawrence / Haley, P. Edward 2007: Strong Society, Weak State - The social dimension of state-building, in: Policy Review, No. 143, Hoover Institution, online: http://www.hoover.org/publications/policy-review/article/6074    (01.06.2007).
  • Chickering, A. Lawrence / Coleman, Isobel  / Haley, P. Edward / Vargas-Baron, Emily 2006: Strategic Foreign Assistance: Civil Society in International Security, Stanford.
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  • Dam, Nikolaos Van 2011: The Struggle for Power in Syria - Politics and Society Under Asad and the Ba'th Party, New York.
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  • Hippler, Jochen 2008c: Das gefährlichste Land der Welt? - Pakistan zwischen Militärherrschaft, Extremismus und Demokratie, Köln.
  • Hippler, Jochen 2010: Die neue Afghanistan-Strategie der Regierung Obama, in: Christiane Fröhlich, Margret Johannsen, Bruno Schoch, Andreas Heinemann-Grüder, Jochen Hippler (Hrsg.); Friedensgutachten 2010, Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Bonn International Center for Conversion (BICC), u.a., Münster: 63-75.
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  • White House, The; National Security Strategy 2010, Washington.

 

Quelle:

Jochen Hippler
Strategische Grundprobleme externer politischer und militärischer
Intervention - Unter besonderer Berücksichtigung der Krisensituationen des Nahen und Mittleren Ostens,
INEF-Report 103, Duisburg 2011

 

 

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